Page 131 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                          107

                           cc) Verfahren der Haftungsbeschränkung
                           Voraussetzung für die Berufung auf die Haftungsbeschränkung ist nach
                           Art. V Abs. 3 HÜ die Errichtung eines Haftungsfonds 4  durch den Schiffseigen-
                                                                          440
                           tümer in Höhe des Gesamtbetrages seiner Haftung bei dem Gericht oder einer
                           sonstigen  zuständigen Stelle eines Vertragsstaates, in dem Klage  erhoben wird
                           oder  nach Art. IX HÜ erhoben werden kann. Solange keine  ausreichende Haf-
                           tungsdeckung bereitgestellt ist, haftet der Schiffseigentümer also unbeschränkt. 4
                                                                                              441
                              Der Haftungsfonds kann entweder durch Hinterlegung des Betrags oder durch
                           Vorlage einer Bankgarantie oder einer anderen zulässigen und als ausreichend
                           erachteten Garantie errichtet werden, Art. V Abs. 3 HÜ. Für den Schiffseigentü-
                           mer hat die Errichtung eines Haftungsfonds durchaus Vorteile: Nach Errichtung
                           des Haftungsfonds können Ansprüche aus dem Ereignis nicht mehr gegen andere
                           Vermögenswerte geltend gemacht werden,  Art. VI Abs. 1 lit. a) HÜ.  Darüber
                           hinaus müssen beschlagnahmte Vermögenswerte, eine gestellte  Kaution  oder
                           Sicherheit wieder freigegeben werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Kläger
                           Zugang zu dem Gericht hat, das den Fonds verwaltet und der Fonds tatsächlich
                           zur Befriedigung seines Anspruchs verwendet werden kann, Art. VI Abs. 2 HÜ.
                              Freiwillige Aufwendungen,  die der Eigentümer  nach dem Unfall macht, um
                           weitere Verschmutzungsschäden zu verhindern oder einzuschränken, sind nach
                           Art. V Abs. 8 HÜ in gleicher Weise erstattungsfähig  wie Ansprüche  aus Ver-
                           schmutzungsschäden. Dadurch soll dem Eigentümer ein Anreiz gegeben werden
                           selbst Schutzmaßnahmen zu ergreifen. 4  Bei Schadensersatzzahlungen durch den
                                                            442
                           Eigentümer oder eine andere Person vor Verteilung des Haftungsfonds tritt diese
                           Person in  die Rechte des eigentlichen Schadensersatzempfängers  ein,
                           Art. V Abs. 5 und 6 HÜ.
                              Reicht der im Haftungsfonds hinterlegte Betrag nicht aus, wird der vorhande-
                           ne Betrag unter den Geschädigten im Verhältnis der Höhe ihrer nachgewiesenen
                           Forderungen verteilt, Art. V Abs. 4 HÜ.  Eine  Privilegierung  von  Ansprüchen
                           wegen Personenschäden, wie sie die CRTD und das HNS-Übereinkommen vor-
                           sehen, kennt das Ölhaftungsübereinkommen nicht.
                              Die Bestimmung des Haftungsbeschränkungsverfahren (Errichtung und Ver-
                           teilung des  Haftungsfonds) ist den Mitgliedstaaten  und somit dem nationalen
                           Recht überlassen. 4  In Deutschland erfolgt die Errichtung und Verteilung des
                                           443



                           440  Der Haftungsfonds ist nicht zu verwechseln mit den Entschädigungsfonds nach dem Fondsüber-
                              einkommen von 1971 und 1992.
                           441  Denkschrift zu dem Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und dem Fondsübereinkommen von
                              1971, BT-Drucks. 7/2299, S. 62; Herber, RabelsZ 1970, 223 (242).
                           442  Denkschrift zu dem Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und dem Fondsübereinkommen von
                              1971, BT-Drucks. 7/2299, S. 62.
                           443  Ganten, Die Protokolle von 1984 zum Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und zum Fonds-
                              übereinkommen von 1971, S. 26.
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