Page 135 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                          111

                           haben, obwohl ein Direktanspruch der Geschädigten im Gegensatz zu ihrer sons-
                           tigen Geschäftspolitik („pay to be paid“) steht. 4
                                                                   460
                              Der Versicherer oder Sicherheitsleistende behält  allerdings das Recht, seine
                           Haftung auf die  in  Art. V Abs. 1 HÜ  genannten Beträge zu  beschränken, auch
                           wenn der Schiffseigentümer unbeschränkt haftet und kann ferner alle Einreden,
                           die dem Eigentümer zustehen, geltend machen mit  Ausnahme des Konkurses
                           oder der Liquidation des Eigentümers. Ferner kann der Versicherer oder Sicher-
                           heitsleistende auch die Einrede erheben, dass die Schäden durch ein vorsätzliches
                           Verschulden des Eigentümers verursacht wurden. In diesem Fall ist dem Geschä-
                           digten bei Erhebung der Einrede ein unmittelbarer Anspruch gegen den Versiche-
                           rer versagt, und er muss sich an den Schiffseigentümer halten. Diese Regelungen
                           bieten den erforderlichen wirtschaftlichen Schutz für die beklagten Versicherun-
                           gen bzw. Sicherheitsgeber. 4  Einreden aus dem Versicherungsvertrag dagegen
                                                   461
                           kann der Versicherer dem Dritten nicht entgegen halten.


                           h) Rückgriffsrecht des Eigentümers
                           Das Übereinkommen beeinträchtigt nicht das Rückgriffsrecht des Eigentümers
                           gegen  Dritte,  Art. III Abs. 5 HÜ.  Als  Dritte kommen insbesondere die in
                           Art. III Abs. 4 HÜ genannten Hilfspersonen in Betracht („vorbehaltlich des Ab-
                           satzes 5“) oder der Verlader oder Empfänger der Ölladung. Die  Rückgriffsan-
                           sprüche richten sich nach dem anzuwendenden nationalen Recht.
                              Der Rückgriff ist für den Eigentümer häufig die einzige Möglichkeit zu ver-
                           hindern, dass er für den Schaden, den  ein Dritter verursacht hat,  zahlen muss,
                           denn eine Haftungsbefreiung tritt erst ein, wenn der Dritte absichtlich oder be-
                           wusst leichtfertig gehandelt hat, was diesem meist schwer zu beweisen ist. Die
                           vom Eigentümer in Anspruch genommenen Dritten haben jedoch das Recht, ihre
                           Haftung nach Maßgabe des Übereinkommens von 1976 über die Beschränkung
                           der Haftung für Seeforderungen 4  zu beschränken. 4
                                                       462
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                           i) Gesamtschuldnerische Haftung zweier oder mehrerer Eigentümer, deren Schiffe
                           Öl als Bulkladung befördern
                           Sind zwei oder mehr Schiffe an einem Unfall beteiligt, haften nach Art. IV HÜ die
                           Eigentümer aller beteiligten Schiffe, sofern sie nicht nach Art. III HÜ befreit sind,



                           460  Herber, Seehandelsrecht, S. 195; vgl. Franck, TranspR 1997, 215 (220). Ausführungen zu den
                              P&I-Clubs siehe bereits zum HNS-Übereinkommen unter 2. Teil B II 7 d); Traisbach, Haftung
                              und Entschädigung bei Öltankerunfällen, 169 (180 f.).
                           461  Hwang, S. 115.
                           462  BGBl. 1986 II, S. 786 ff.
                           463  Denkschrift zu den Protokollen von 1984, BT-Drucks. 11/892, 44 (46).
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