Page 138 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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114 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
um Verschmutzungsschäden zu verhüten oder einzuschränken. Hierdurch soll der
Schiffseigentümer motiviert werden angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen,
da er in der Regel nach einem Tankerunglück dazu am besten in der Lage ist. 4
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Weitere Voraussetzung für eine Entschädigungszahlung des IOPC Fonds 1992
ist die Errichtung eines Haftungsfonds durch den Schiffseigentümer nach
Art. V Abs. 3 HÜ. Allerdings kann der IOPC Fonds 1992 in Ausnahmefällen von
dieser Voraussetzung absehen, Art. 4 Abs. 6 FÜ.
2. Befreiung von der Zahlungsverpflichtung
Der IOPC Fonds 1992 ist von seiner Entschädigungspflicht befreit, wenn er be-
weist, dass die Verschmutzungsschäden Folge kriegerischer Handlungen sind oder
das Öl aus einem Kriegsschiff oder einem Staatsschiff, das ausschließlich im
nichtgewerblichen staatlichen Dienst eingesetzt war, stammt
(Art. 4 Abs. 2 lit. a) FÜ). Kann der Antragssteller nicht beweisen, dass der Scha-
den durch ein Ereignis entstanden ist, in das ein Schiff im Sinne der Definition
des Haftungsübereinkommens verwickelt war, zahlt der IOPC Fonds 1992 eben-
falls keine Entschädigung (Art. 4 Abs. 2 lit. b) FÜ).
Überdies ist er von seiner Entschädigungspflicht ganz oder teilweise befreit,
wenn der Geschädigte selbst die Schäden verursacht hat, Art. 4 Abs. 3 FÜ. Diese
Befreiung erfolgt jedoch nicht in Bezug auf Schutzmaßnahmen,
Art. 4 Abs. 3 S. 3 FÜ.
Wurde das Ereignis durch ein außergewöhnliches, unvermeidbares und unab-
wendbares Naturereignis verursacht, muss der IOPC Fonds 1992 im Gegensatz
zum Haftungsübereinkommen in voller Höhe leisten. 4
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Unklar ist, ob die Zahlungsverpflichtung des IOPC Fonds 1992 entfällt, wenn
die Verschmutzungsschäden Folge eines Terroranschlages sind. Terroranschläge
sind nicht als Unruhen im völkerrechtlichen Sinne anerkannt und fallen daher
nicht unter den Befreiungstatbestand für Kriegshandlungen in
Art. 4 Abs. 2 lit. a) FÜ. 4
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Eine Entscheidung des IOPC Fonds 1992 oder der nationalen Gerichte über
einen solchen Fall liegt nicht vor. Zur Erreichung eines umfassenden Opferschut-
zes wäre eine Zahlungsverpflichtung des IOPC Fonds 1992 für durch Terroran-
schläge verursachte Schäden durchaus zu begrüßen. Der Verzicht des Fondsüber-
einkommens auf einen Art. III Abs. 2 lit. b) HÜ entsprechenden Befreiungstatbe-
stand für Handlungen oder Unterlassungen Dritter in Schädigungsabsicht, der sich
insbesondere auch auf Terroranschläge bezieht, spricht zudem für eine Entschä-
digungsverpflichtung des IOPC Fonds 1992 für Terrorschäden. Die Klärung die-
ser Frage wird im Einzelfall letztlich den Gerichten überlassen.
475 Vgl. erläuternd Kappet, S. 56.
476 Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 4 lit. b) FÜ.
477 Vgl. dazu auch die Ausführungen von Kappet, S. 56.