Page 133 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 109
g) Versicherungspflicht
Die Einführung einer weltweiten Zwangshaftpflichtversicherung durch das Ölhaf-
tungsübereinkommen von 1969 war eine Neuheit, die es so vorher in internatio-
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nalen Übereinkommen nicht gegeben hatte. 4
aa) Art und Umfang der Pflichtversicherung und Ausnahmen von der
Versicherungspflicht
Der Eigentümer eines Tankers mit einer Ladung von mehr als 2.000 Tonnen be-
ständigen Öls ist nach Art. VII HÜ verpflichtet, eine Versicherung oder ver-
gleichbare finanzielle Sicherheit, wie z.B. eine Bankbürgschaft, 4 in Höhe seiner
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nach dem Übereinkommen geforderten Haftpflicht zu unterhalten.
Bei der Sicherheit muss es sich stets um eine Forderung gegen einen Dritten
handeln. 4 Lediglich Staatschiffe werden nach Art. VII Abs. 12 HÜ bei Erfüllung
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der genannten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit. Bei ihnen
genügt eine sogenannte Selbstversicherung. 4
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Schiffe, die weniger als 2.000 Tonnen Öl als Bulkladung befördern, fallen nicht
unter die Versicherungspflicht. Die Mindestgrenze von 2.000 Tonnen wurde in
die Fassung des Haftungsübereinkommens von 1969 auf skandinavischen
Wunsch eingefügt und hat das Ziel, die Küstenschifffahrt zu entlasten. 4 Aller-
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dings ist die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht gleichzeitig eine Befrei-
ung von der Haftung nach dem Übereinkommen.
Das neuere HNS-Übereinkommen enthält eine solche Privilegierung kleinerer
Schiffe nicht mehr. Auch für das Ölhaftungsübereinkommen wird die Ausdeh-
nung der Versicherungspflicht auf kleinere Schiffe diskutiert und insbesondere
von Frankreich befürwortet. 4 Denn es hat sich gezeigt, dass auch kleinere Schif-
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fe beträchtliche Schäden anrichten können. 4
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Die aus der Versicherung oder Sicherheit verfügbaren Beträge dürfen aus-
schließlich zur Befriedigung von Ansprüchen aufgrund dieses Übereinkommens
verwendet werden, Art. VII Abs. 9 HÜ.
449 Denkschrift zu dem Ölhaftungsübereinkommen von 1969 und dem Fondsübereinkommen von
1971, BT-Drucks. 7/2299, S. 63.
450 Bei der redaktionellen Bearbeitung des Art. VII Abs. 1 HÜ wurde übersehen, dass die Textstelle,
nach der „eine von einem internationalen Schadenersatzfonds ausgestellte Bescheinigung“ eben-
falls als Sicherheitsleistung anzuerkennen ist, hätte gestrichen werden müssen. Denn diese Text-
stelle nimmt Bezug auf Art. 5 Abs. 2 des Fondsübereinkommens von 1971, der durch das Pro-
tokoll von 1984/1992 gestrichen worden ist. Eine solche Bescheinigung kann also nach dem
neuen Haftungssystem nicht mehr ausgestellt werden, (Denkschrift zu den Protokollen, BT-
Drucks. 11/892, 44 (48)).
451 Herber, RabelsZ 1970, 223 (245).
452 Herber, RabelsZ 1970, 223 (245).
453 Herber, RabelsZ 1970, 223 (245).
454 IOPC Fund, Report on the Fifth Meeting of the Third Intersessional Working Group, S. 3, 10.
455 Romero Lares nennt drei Beispielsfälle, S. 167.