Page 125 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 101
Aufgrund dieser Kriterien wurden Schadensersatzansprüche von Personen, deren
Existenz auf der wirtschaftlichen Nutzung der Meeresfauna beruht, wie Fischfang,
Fisch-, Muschel- und Austernzucht und Fischverarbeitung, vom Fonds anerkannt,
ebenso wie Schadensersatzansprüche von Personen, deren wirtschaftliche Exis-
tenz auf der touristischen Nutzung der betroffenen Meeresumwelt beruht, wie
Hoteliers, Restaurantbesitzer und Strandinhaber sowie Ansprüche wegen einge-
schränkten oder ausgeschlossenen Gebrauchs von Meerwasser für Gezeitenkraft-
werke, Reinigungs- oder Entsalzungsanlagen. 3
399
Mittelbare Schäden, wie Steuerausfälle der Gemeinden, sind dagegen nicht er-
400
stattungsfähig. 3
dd) Umweltschäden
Durch die Neufassung der Übereinkommen durch die Protokolle wurde in
Art. I Abs. 6 lit. a) HÜ ausdrücklich klargestellt, dass der Schadensersatz für all-
gemeine Beeinträchtigungen der Umwelt auf die Kosten tatsächlich ergriffener
oder zu ergreifender angemessener Wiederherstellungsmaßnahmen beschränkt ist.
Erstattungsfähig sind also nur quantifizierbare ökonomische Verluste, d.h. fi-
nanzielle Aufwendungen zur Wiederherstellung der Umwelt, nicht dagegen nicht
quantifizierbare ökologische Schäden. 4 Zwar diskutierte die im Jahr 2000 einge-
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setzte Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Schadensersatzsystems der Überein-
kommen von 1992 (Third Intersessional Working Group) auch eine Ausweitung
des Schadensersatzes auf ökologische Schäden, insbesondere auf irreparable reine
ökologische Schäden, die eine Änderung des Schadensbegriffs erfordert hätte,
entschied sich aber letztlich dagegen. 4
402
Somit sind Reinigungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Strände,
Strandbefestigungen und die natürliche Meeresumwelt erstattungsfähig, vorausge-
setzt, dass sie tatsächlich ergriffen worden und angemessen sind. Verbleibende
Restschäden, wie etwa eine nicht zu beseitigende Wasserverschmutzung, begrün-
den dagegen keinen Schadensersatzanspruch. 4
403
399 Jacobsson, Internationales Schadensersatzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport
– Entwicklung in den letzten Jahren und Zukunftsperspektiven, S. 16.
Einige Beispiele aus der Fondspraxis sind aufgeführt bei Jacobsson, Internationales Schadenser-
satzrecht für Ölverschmutzungsschäden beim Seetransport – Entwicklung in den letzten Jahren
und Zukunftsperspektiven, S. 17 f., Romero Lares, S. 107 ff.; eine sehr ausführliche Auflistung
von Fallgruppen findet sich bei Kappet, S. 136 ff.
400 Ganten, VersR 1989, 329 (333).
401 Renger, TranspR 1993, 132 (133).
402 Kappet, S. 79 f.; eine ausführliche Darstellung zur Ersatzfähigkeit von irreparablen reinen ökolo-
gischen Schäden findet sich bei Kappet, S. 164 ff.
403 Renger, Zur Haftung und Entschädigung bei Gefahrgut- und Ölverschmutzungsschäden auf See,
433 (443).