Page 155 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                          131

                           Zum Teil wird ausdrücklich auf das „innerstaatliche Recht“ oder „die innerstaatli-
                           che“ Gesetzgebung verwiesen. 5  Diese Ausdrücke bedeuten nach Art. 14 lit. b)
                                                      573
                           des Pariser Übereinkommens von 1982 das innerstaatliche Recht des zuständigen
                           Gerichts. Diese Bestimmung wird ganz überwiegend als Gesamtverweisung ver-
                           standen, 5  d.h. die Verweisung schließt das Kollisionsrecht des zuständigen Ge-
                                  574
                           richts mit ein.
                              Der neue Wortlaut des Art. 14 lit. b) in der durch das Protokoll von 2004 ge-
                           änderten Fassung bestimmt dagegen ausdrücklich, dass die Verweisung eine Sach-
                           normverweisung ist. Denn danach bedeuten die  Ausdrücke „innerstaatliches
                           Recht  bzw.  Gesetzgebung“ das innerstaatliche Recht des zuständigen Gerichts,
                           mit Ausnahme des Kollisionsrechts. Durch die Neufassung des Art. 14 lit. b) des
                           Pariser Übereinkommens ist eine Rückverweisung auf ausländisches Recht ausge-
                           schlossen und für den Rechtsanwender erübrigt sich die mitunter aufwendige
                           Erforschung fremden Rechts.
                              Ferner bestimmen sowohl das Pariser Übereinkommen als auch das Brüsseler
                           Zusatzübereinkommen, dass ihre Vorschriften ohne Rücksicht auf die Staatsange-
                           hörigkeit, den Wohnsitz oder den Aufenthalt anzuwenden sind. 5  Dieses Diskri-
                                                                                  575
                           minierungsverbot gilt nicht nur für die Geschädigten, sondern  ebenso für die
                           Haftpflichtigen. 5
                                         576
                              Jeder Vertragsstaat ist zudem vor der Ratifikation, Annahme oder Genehmi-
                           gung berechtigt, Vorbehalte zu einer  oder mehreren  Bestimmungen der beiden
                           Übereinkommen zu machen, Art. 18 lit. a) PÜ 1982 und Art. 18 lit. a) BZÜ 1982.
                              Diese Vorbehalte bedürfen allerdings der Zustimmung der Unterzeichnerstaa-
                           ten. Die von den einzelnen Vertragsstaaten zu den Übereinkommen gemachten
                           Vorbehalte, denen zugestimmt wurde, finden sich im Anhang der Übereinkom-
                           men.
                              Der Wortlaut der französischen, deutschen, englischen, spanischen, italieni-
                           schen und niederländischen Fassungen beider Übereinkommen ist gleichermaßen
                           verbindlich.










                           573  So z.B. in Art. 11 und Art. 8 lit. b), d) und f) PÜ 2004.
                           574  Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 14, Rn. 2; Exposé des Motifs, Rn. 60;
                              Kühne, NJW 1986, 2139 (2141); Bornheim, S. 74 f.; a.A. Kreuzer in: Münchener Kommentar,
                              Band 10 (EGBGB), 3. Auflage von 1998, Art. 38 EGBGB Rn. 263.
                           575  Art. 14 lit. a) und c) PÜ; Art. 8 BZÜ.
                           576  Vgl. Hillgenberg, Das Internationalprivatrecht der Gefährdungshaftung für Atomschäden, S. 181.
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