Page 158 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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134                                   2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        cc) Sachlicher Anwendungsbereich
                        Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf  die zivilrechtliche Haftung
                        für durch nukleare Ereignisse erlittene Schäden. Erfasst werden nukleare Ereignis-
                        se, die in einer Kernanlage eintreten, ebenso wie nukleare Ereignisse, die während
                        der Beförderung von Kernmaterialien eintreten. 5
                                                                 585
                           Dabei kommt es - anders als bei den Internationalen Übereinkommen über die
                        Haftung für Gefahrguttransporte 5  - nicht auf das Transportmittel an. Das Pari-
                                                    586
                        ser Übereinkommen ist vielmehr unabhängig vom Transportmittel auf Nuklear-
                        transporte innerhalb des Regelungsbereichs  seiner Vorschriften anwendbar. Die
                        häufigste  Transportart ist  die Beförderung auf dem  Landweg. 5  Aber auch die
                                                                              587
                        Beförderung zu Wasser und mit Luftfahrzeugen ist möglich. 5  Neben dem Land-
                                                                            588
                        transport spielt in der Praxis vor  allem  der Transport von Kernmaterialien auf
                        dem Seeweg  eine entscheidende Rolle, während der Lufttransport eher selten
                        ist. 5
                          589
                        Auch die zivilrechtliche Haftung von Vertragsstaaten für staatseigene Kernanlagen
                        fällt in den Anwendungsbereich des Übereinkommens. 5
                                                                       590
                           Dagegen wird die Haftung für Reaktorschiffe nicht vom Übereinkommen er-
                        fasst, Art. 6 lit. c) i) 2) PÜ. Die Haftung für Schäden, die durch Reaktoren entste-
                        hen, die Teil eines Beförderungsmittels sind, ist im Reaktorschiff-Übereinkommen
                        von 1962 geregelt. 5  Auf Transittransporte, die von einem Nichtvertragsstaat aus
                                        591
                        durch Vertragsstaaten führen und in einem anderen Nichtvertragsstaat enden,
                        findet das Übereinkommen ebenfalls keine Anwendung, da es an einem haftenden
                        Anlageninhaber im Vertragsgebiet fehlt. 5  In diesen Fällen richtet sich die Haf-
                                                           592
                        tung nach  dem vom Internationalen Privatrecht ermittelten anwendbaren
                        Recht. 5
                             593
                           Bestimmungen über die innerstaatlichen oder öffentlichen Kranken-, Sozial-,
                        Arbeitsunfall- oder Berufskrankheitenversicherungs- oder –fürsorgeeinrichtungen
                        gehen dem Übereinkommen vor, soweit sie eine Entschädigung für Nuklearschä-
                        den vorsehen, Art. 6 lit. h) PÜ. In der Regel wird der Anlageninhaber durch diese
                        Vorschrift aber nicht von seiner Haftung entlastet, da meist die entsprechenden




                        585  Art. 3 und 4 PÜ.
                        586  CRTD, HNS-Übereinkommen, CRDNI-Entwurf.
                        587  Magnus, Intercontinental Nuclear Transport form the Private International Law Perpective, in:
                           Reform of Civil Nuclear Liability, Budapest Symposium 1999, S. 263 (265).
                        588  Dies ergibt sich aus Art. 7 lit. f) PÜ.
                        589  Kissich, S. 182.
                        590  Dies ergibt sich aus Art. 13 lit. e) PÜ, wonach sich der verklagte Vertragsstaat nicht auf seine
                           staatliche Immunität berufen kann.
                        591  Dazu siehe unter 2. Teil F VI.
                        592  Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 4, Rn. 8 und Art. 2, Rn. 1; Kissich, S. 68.
                        593  Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 4, Rn. 8.
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