Page 160 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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136 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
der Gegenseitigkeit bietet und auf Grundsätzen beruht, die dem neugefassten
Pariser Übereinkommen entsprechen: verschuldensunabhängige Haftung des
Kernanlageninhabers, Kanalisierung der Haftung, Gleichbehandlung aller Opfer
etc.
Außerhalb der Hoheitsgebiete und Meereszonen der Vertragsstaaten und der in
Ziffer ii) bis iv) genannten Nichtvertragsstaaten werden nur Schäden an Bord von
Schiffen oder Luftfahrzeugen erfasst, die in einem Vertragsstaat oder einem in
Ziffer ii) bis iv) genannten Nichtvertragsstaat registriert wurden. Allerdings kann
jeder Vertragsstaat nach wie vor in seiner Gesetzgebung einen größeren Anwen-
dungsbereich festlegen, Art. 2 lit. b) PÜ 2004.
Der Anlageninhaber, der Kernmaterialien in einen Nichtvertragsstaat versen-
det oder solche aus einem Drittstaat empfängt, ist somit nach der Neufassung des
Art. 2 durch das Protokoll von 2004 auch für ein nukleares Ereignis oder Schaden
in einem Nichtvertragsstaat nach Art. 4 lit. a) iv) und lit. b) iv) PÜ 2004 haftbar,
vorausgesetzt, dass der betroffene Staat unter die in Art. 2 lit. a) ii) bis iv) PÜ 2004
genannten Nichtvertragsstaaten fällt.
bb) Räumlicher Anwendungsbereich des Brüsseler Zusatzübereinkommen
Die Neufassung des Brüsseler Zusatzübereinkommens enthält ebenfalls eine Er-
weiterung des räumlichen Anwendungsbereichs, ist jedoch insgesamt restriktiver
als das Pariser Übereinkommen 2004, da es nach wie vor nur für Vertragsstaaten
des Brüsseler Zusatzübereinkommens gilt. Das liegt daran, dass die Vertragsstaa-
ten nicht bereit sind, ihre staatlichen Mittel für Geschädigte in Nichtvertragsstaa-
ten zur Verfügung zu stellen. 5
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Die Neufassung erfasst nunmehr auch Schäden, die im Zusammenhang mit
der Ausbeutung oder Erforschung der natürlichen Ressourcen in oder über der
ausschließlichen Wirtschaftszone oder auf dem Festlandsockel einer Vertragspar-
tei entstanden sind sowie Schäden an künstlichen Inseln, Anlagen oder Strukturen,
die unter der Hoheitsgewalt einer Vertragspartei stehen, Art. 2 lit. a) BZÜ 2004.
2. Haftung für Nukleartransporte
Nach Art. 3 lit. a) PÜ haftet der Inhaber einer Kernanlage 5 für nukleare Schäden
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nach diesem Übereinkommen, wenn bewiesen wird, dass dieser Schaden durch ein
nukleares Ereignis verursacht worden ist, welches in der Kernanlage eingetreten
oder auf aus der Kernanlage stammende Kernmaterialien zurückzuführen ist,
soweit Artikel 4 nichts anderes bestimmt.
598 Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59 Rn. 29.
599 Zu diesem Begriff siehe 2. Teil F II 2 d) aa).