Page 164 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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140 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
von der Möglichkeit der Haftungsübernahme in Art. 4 lit. d) Gebrauch gemacht
wird, ist dies keine Ausnahme vom Prinzip der Haftungskanalisierung, denn der
Beförderer tritt an die Stelle des Anlageninhabers. 6
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Eine Ausnahme von der rechtlichen Kanalisierung enthält dagegen
Art. 6 lit. c) i) 1) PÜ. Danach bleibt die Haftung einer natürlichen Person, die mit
Schädigungsabsicht einen durch ein nukleares Ereignis entstandenen Schaden
verursacht hat, für den der Inhaber einer Kernanlage gemäß Art. 3 lit. a) ii) 1) und
2) PÜ (Schäden an Anlagen oder an Vermögenswerten auf dem Gelände der haf-
tenden Anlage) oder gemäß Art. 9 PÜ (besondere Fälle von Höherer Gewalt)
nicht haftet, unberührt. Die Haftung einer anderen natürlichen Person als des
Anlageninhabers ist also unter engen Voraussetzungen ausnahmsweise möglich.
c) Haftungsprinzip
Aus Art. 3 lit. a) PÜ ergibt sich, dass die Haftung des Anlageninhabers als Ge-
fährdungshaftung konzipiert ist. Auf ein Verschulden kommt es somit nicht an. 6
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Der Geschädigte muss allerdings beweisen, dass zwischen dem eingetretenen
Nuklearschaden und nuklearen Ereignis ein Kausalzusammenhang besteht, was
insbesondere bei nuklearen Spätschäden, wie z.B. Leukämie, Krebs oder geneti-
schen Schäden, mitunter sehr schwierig sein kann. 6 Das Pariser Übereinkommen
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bestimmt den Begriff des Kausalzusammenhangs nicht näher, so dass hierfür das
anzuwendende innerstaatliche Recht maßgebend ist. 6 In Art. 3 lit. b) PÜ enthält
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es jedoch eine Beweiserleichterung für den Fall des Zusammentreffens von nukle-
aren und nicht nuklearen Ereignissen. 6
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d) Haftungsgrund
Art. 3 lit. a) PÜ bildet die Haftungsgrundlage. Danach haftet der Inhaber einer
Kernanlage für nuklearen Schaden, wenn bewiesen wird, dass dieser Schaden
durch ein nukleares Ereignis verursacht worden ist, welches in der Kernanlage
eingetreten oder auf aus der Kernanlage stammende Kernmaterialien zurückzu-
führen ist.
lity in Turkey, Ankara, 8-9 September 1999, S. 2; vgl. auch Hinteregger/Kissich, AtomHG 1999,
S. 18, Rn. 23.
614 Kissich, S. 68.
615 Hinteregger/Kissich, AtomHG 1999, S. 18, Rn. 24.
616 Hinteregger/Kissich, AtomHG 1999, S. 19, Rn. 24. Zur Kausalitäts- und Beweisproblematik im
deutschen Atomhaftungsrecht Rest, VersR 1986, 933 (936).
617 Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 3, Rn. 3 f. mit Ausführungen zum deut-
schen Recht; Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59
Rn. 23.
618 Dazu siehe unter 2. Teil F II 2 d) ee) (1).