Page 167 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 143
Plutonium als Metall, Legierung oder chemischer Verbindung sowie sonstiges
vom Direktionsausschuss jeweils bestimmtes spaltbares Material.
Unter radioaktiven Erzeugnissen oder Abfällen versteht man radioaktive Ma-
terialien, die dadurch hergestellt oder radioaktiv gemacht werden, dass sie einer
mit dem Vorgang der Herstellung oder Verwendung von Kernbrennstoffen ver-
bundenen Bestrahlung ausgesetzt werden. Davon ausgenommen sind Kernbrenn-
stoffe und Radioisotope außerhalb einer Kernanlage, die das Endstadium der
Herstellung erreicht haben, so dass sie für industrielle, kommerzielle, landwirt-
schaftliche, medizinische, wissenschaftliche oder Ausbildungszwecke verwendet
werden können.
ee) Nuklearer Schaden
(1) Nach der geltenden Fassung von 1982
Das Pariser Übereinkommen von 1982 enthält im Gegensatz zur Neufassung
durch das Protokoll von 2004 keine Legaldefinition des nuklearen Schadens. Wel-
che Schäden erfasst werden, lässt sich jedoch aus Art. 3 lit. a) i) - ii) PÜ herleiten.
Danach haftet der Anlageninhaber für Schäden an Leben oder Gesundheit von
Menschen (Personenschäden) sowie für Schäden an oder Verlust von Vermö-
genswerten (Sachschäden), vorausgesetzt, dass diese Schäden durch ein nukleares
Ereignis verursacht worden sind. Umweltschäden werden dagegen nach der gel-
tenden Fassung des Pariser Übereinkommens nicht ersetzt. 6
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Wird der Schaden gemeinsam durch ein nukleares und ein nichtnukleares Ereignis
verursacht und lässt sich nicht hinreichend sicher trennen, welcher Teil des Scha-
dens durch das nichtnukleare Ereignis verursacht wurde, gilt der gesamte Schaden
als durch das nukleare Ereignis verursacht, Art. 3 lit. b) PÜ. 6 Diese Kausalitäts-
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vermutung gilt auch für Schäden, die während der Beförderung von Kernmateria-
lien auftreten. 6
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(2) Nach der Neufassung durch die Protokolle von 2004
In Art. 1 lit. a) vii) des Pariser Übereinkommens von 2004 wird der Begriff des
nuklearen Schadens legaldefiniert. Der durch das Protokoll beträchtlich erweiterte
Schadensbegriff umfasst nunmehr nicht nur Personen- und Sachschäden, sondern
auch mittelbare wirtschaftliche Verluste (Vermögensfolgeschäden), Kosten von
tatsächlich ergriffenen Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Umwelt
628 Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59 Rn. 7; Hintereg-
ger/Kissich, AtomHG 1999, S. 19, Rn. 25.
629 Eine vergleichbare Regelung findet sich in den Gefahrguttransportübereinkommen:
Art. 1 Abs. 10 CRTD, Art. 1 Abs. 6 HNS-Übereinkommen, Art. 1 Abs. 5 CRDNI-Entwurf.
630 Vgl. Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 4, Rn. 3.