Page 170 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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146 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
handelt es sich um eine Gesamtverweisung, Art. 14 lit. b) PÜ. 6 Es ist somit das
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nationale Recht des zuständigen Gerichts unter Einschluss des Kollisionsrechts
anzuwenden. Die tatsächlich zu ersetzenden Schäden können somit je nach an-
wendbarem Recht eines Vertragsstaates divergieren.
Für Personenschäden der im Betrieb einer Kernanlage Beschäftigten sind nach
Art. 6 lit. h) PÜ die innerstaatlichen oder die öffentlichen Kranken-, Sozial-, Ar-
beitsunfallbestimmungen etc. vorrangig, soweit sie eine Entschädigung für nuklea-
re Schäden vorsehen.
(2) Sachschäden
Durch ein nukleares Ereignis verursachter Schaden an oder Verlust von Vermö-
genswerten ist nach Art. 3 lit. a) ii) PÜ ebenfalls ersatzfähig. Diese Formulierung
deutet darauf hin, dass nicht nur reine Sachschäden ersatzfähig sind, sondern auch
darüber hinausgehende Schäden. 6 Welche Vermögenswerte im Einzelfall zu
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ersetzten sind, richtet sich in Art, Form und Umfang wieder nach dem anzuwen-
denden nationalen Recht, Art. 11 PÜ.
Ausdrücklich ausgenommen sind Schäden an der Kernanlage selbst und an
anderen Kernanlagen, einschließlich einer Kernanlage während der Errichtung,
auf dem Gelände, auf dem sich die Anlagen befindet, und Schäden an jeglichen
Vermögenswerten auf demselben Gelände, die im Zusammenhang mit einer sol-
chen Anlage verwendet werden oder verwendet werden sollen (sog. „on-site da-
mages“), Art. 3 lit. a) ii) 1) und 2) PÜ. Nicht darunter fällt das persönliche Eigen-
tum von Angestellten, die dort arbeiten. 6 Diese Regelung soll verhindern, dass
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die zur Verfügung stehenden Entschädigungsmittel zu Lasten von geschädigten
Dritten minimiert werden. 6
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Schäden am betreffenden Beförderungsmittel sind grundsätzlich ersatzfähig,
allerdings mit der Maßgabe, dass dadurch die Haftung des Anlageninhabers für
andere Schäden nicht beeinträchtigt wird. Nach Art. 7 lit. c) PÜ werden Schäden
am Beförderungsmittel nämlich nur dann ersetzt, wenn dadurch die Entschädi-
gung für andere Schäden nicht unter 5 Millionen SZR oder unter einem durch die
Gesetzgebung einer Vertragspartei festgesetzten höheren Betrag liegt.
bb) Nach der Neufassung durch die Protokolle von 2004
639 Siehe 2. Teil F II.
640 Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59 Rn. 7; Pelzer
verseht darunter die von § 823 BGB geschützten Rechtsgüter, s. Fischerhof-Pelzer, Deutsches
Atomgesetz und Strahlenschutzrecht, Art. 3 PÜ, Rn. 8. Kissich geht davon aus, dass neben
Sachschäden auch sonstige Vermögensschäden vom Pariser Übereinkommen erfasst sind, führt
diese Annahme aber nicht weiter aus, s. Kissich, S. 74.
641 Exposé des Motifs, Rn. 40.
642 Exposé des Motifs, Rn. 40.