Page 169 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                          145

                           Geschädigten kann aber nach Art. 11 PÜ nach nationalem Recht des zuständigen
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                           Gerichts berücksichtigt werden. 6
                              Der Haftungsausschlussgrund für schwere Naturkatastrophen kann durch die
                           Gesetzgebung des Anlagestaates aufgehoben werden. Im Rahmen des Brüsseler
                           Zusatzübereinkommens kann eine solche Regelung jedoch den anderen Vertrags-
                           staaten hinsichtlich der  Bereitstellung öffentlicher Mittel nur entgegengehalten
                           werden, wenn diese ihr zugestimmt haben, Art. 14 lit. b) BZÜ.


                           bb) Nach der Neufassung durch die Protokolle von 2004
                           Durch das Protokoll von 2004 wurde der Haftungsausschlusstatbestand für
                           schwere Naturkatastrophen ersatzlos gestrichen und dadurch die  Haftung des
                           Anlageninhabers im Interesse  des Opferschutzes verschärft. 6  Die  Neufassung
                                                                                637
                           des Art. 9 PÜ 2004 folgt dem Vorbild des überarbeiteten Art. IV Abs. 3 Wiener
                           Übereinkommen von 1997 und dient der Rechtsvereinheitlichung, da nunmehr in
                           allen Vertragsstaaten, unabhängig von der nationalen Gesetzgebung des Anlage-
                           staates, der Anlageninhaber für Schäden durch schwere Naturkatastrophen haftet.
                              Zugleich wurde in Art. 6 lit. e) PÜ 2004 klargestellt, dass im Falle des Mitver-
                           schuldens des Geschädigten der Inhaber von seiner Schadensersatzpflicht befreit
                           werden kann. Die Möglichkeit einer textlichen Klarstellung hinsichtlich der Haf-
                           tungsfrage für Terroranschläge wurde  bei den Revisionsarbeiten zum Pariser
                           Übereinkommen dagegen nicht genutzt.


                           f) Haftungsumfang


                           aa) Nach der geltenden Fassung von 1982

                           (1) Personenschäden

                           Nach Art. 3 lit. a) i) PÜ haftet der Anlageninhaber für Schäden an  Leben oder
                           Gesundheit von Menschen, die durch ein nukleares Ereignis verursacht worden
                           sind. Die Frage, welche Schäden im Einzelnen ersetzt werden und ob auch imma-
                           terielle Schäden (Schmerzensgeld) erstattungsfähig sind, entscheidet das zuständi-
                           ge Gericht nach seinem nationalen Recht. 6  Denn nach Art. 11 PÜ bestimmen
                                                                638
                           sich Art, Form und Umfang des Schadenersatzes sowie dessen gerechte Vertei-
                           lung nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien. Bei dieser Verweisung



                           636  Exposé des Motifs, Rn. 48.
                           637  Blobel, Natur und Recht 2005, 137 (140).
                           638  Exposé des Motifs, Rn. 39.
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