Page 183 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 159
bb) Nach der Neufassung durch die Protokolle von 2004
Während sich die geltende Fassung noch immer an den Möglichkeiten des Versi-
cherungsmarktes orientiert, 6 sieht die Neufassung des Art. 8 lit. a) i) PÜ 2004
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eine Verlängerung der Frist für die Geltendmachung von Personenschäden auf
dreißig Jahre, unabhängig von der Versicherbarkeit, vor und berücksichtigt damit
die Möglichkeit von Spätschäden, die durch die Einwirkung ionisierender Strahlen
auf den Menschen verursacht werden können 6 . Der Wortlaut des überarbeiteten
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Art. 8 lit. a) PÜ 2004 stellt nun auch ausdrücklich klar, dass die im Art. 8 PÜ 2004
genannte Fristen von den Vertragsstaaten entweder als Ausschluss- oder als Ver-
jährungsfristen festgesetzt werden können. Für Klagen wegen anderer nuklearer
Schäden bleibt es bei der Zehnjahresfrist, die mit Eintritt des nuklearen Ereignis-
ses beginnt, Art. 8 lit. a) ii) PÜ 2004.
Die innerstaatliche Gesetzgebung kann nach Art. 8 lit. b) PÜ 2004 weiterhin
längere Fristen festsetzen, wenn eine entsprechende Sicherstellung der Haftungs-
beiträge gewährleistet wird, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass nach
Art. 8 lit. c) PÜ 2004 Schadensersatzansprüche, die erst nach dreißig Jahren (Per-
sonenschäden) bzw. nach zehn Jahren (andere nukleare Schäden) eingeklagt wer-
den, nachrangig zu berücksichtigen sind. Für die nach dem Brüsseler Zusatzüber-
einkommen bereitzustellenden Mittel ist die Verlängerung der in Art. 8 lit. a) PÜ
2004 genannten Fristen wiederum nicht möglich, Art. 6 BZÜ 2004.
Schließlich wurde durch das Protokoll von 2004 die Sonderbestimmung in
Art. 8 lit. b) PÜ 1982 für gestohlene, verlorene, über Bord geworfene oder aufge-
gebene Kernmaterialien aufgehoben, und die Mindestfrist ab Kenntnis oder Ken-
nenmüssen auf drei Jahre verlängert, Art. 8 lit. d) PÜ 2004.
III. Wiener Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schä-
den
1. Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963
Das „Wiener Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für nukleare Schä-
den“ vom 21. Mai 1963 6 hat aufgrund der im Gemeinsamen Protokoll 6 festge-
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690 Fischerhof-Pelzer, Deutsches Atomgesetz und Strahlenschutzrecht, Art. 8 PÜ Rn. 2; Haedrich,
Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, Art. 8, Rn. 2; Pelzer, in: Handbuch zum europäischen
und deutschen Umweltrecht 2003, § 59, Rn. 15.
691 Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59, Rn. 14.
692 Vienna Convention on Civil Liability for Nuclear Damage. Eine unverbindliche deutsche Über-
setzung ist abgedruckt in der Textsammlung “Internationale Atomhaftungskonventionen”, S. 15
ff. oder BGBl. 2001 II, S. 207 ff. Das Wiener Übereinkommen ist gemäß Art. XXIX WÜ in eng-
lischer, französischer, russischer und spanischer Sprache gleichermaßen verbindlich.