Page 188 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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164 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
dadurch den Staatseintritt in das Haftungssystem des Wiener Übereinkommens
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ein, welches eigentlich nur die Haftung des Anlageninhabers regeln will. 7
Mit Rücksicht auf wirtschaftlich schwächere Staaten kann für einen Über-
gangszeitraum von 15 Jahren ab Inkrafttreten des Protokolls, also bis zum
3. Oktober 2018, die Mindesthaftungssumme auf 100 Millionen SZR herabgesetzt
werden, von der wiederum ein Teil durch öffentliche Mittel des Anlagestaates zur
Verfügung gestellt werden kann („phasing-in“). 7 Zudem kann jeder Anlagestaat
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für mindergefährliche Anlagen oder Kernmaterialien die Mindesthaftungssumme
bis auf 5 Millionen SZR herabsetzten, vorausgesetzt, dass der Anlagestaat für die
restliche nach Art. V Abs. 1 WÜ 1997 festgesetzte Haftungssumme öffentliche
Mittel bereitstellt. 7 Das Zusatzprotokoll sieht schließlich ein vereinfachtes Ände-
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rungsverfahren zur Erhöhung der Mindesthaftungsbeträge in dem neu eingefüg-
ten Art. V D WÜ 1997 vor.
Die Vorschrift über die Sicherstellungsverpflichtung berücksichtigt nun aus-
drücklich die Einführung einer unbegrenzten Haftung nach nationalem Recht. 7
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In diesem Fall muss die finanzielle Sicherheit des Anlageninhabers mindestens
300 Millionen SZR betragen. Bis zu diesem Betrag muss der Anlagestaat auch
etwaige Entschädigungs-ansprüche abdecken, falls die Sicherheit des Anlagenin-
habers einmal nicht ausreicht. 7 Für mindergefährliche Anlagen oder Kernmateri-
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alien kann die Deckungssumme bis auf 5 Millionen SZR herabgesetzt werden,
vorausgesetzt, dass der Anlagestaat im Falle unzureichender Deckung Entschädi-
gung bis zur Höhe von 300 Millionen SZR garantiert. 7 Für rein nationale Nukle-
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artransporte kann der Anlagestaat zudem von der Bescheinigungspflicht nach
Art. III WÜ 1997 absehen.
Schließlich wurde der Ausschlussgrund für schwere Naturkatastrophen ersatz-
los gestrichen, und die Ausschlussfrist für Personenschäden auf 30 Jahre verlän-
gert. 7
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723 Pelzer, atw 1998, 391 (392). Vergleichbar ist diese staatliche Eintrittspflicht mit der im Brüsseler
Zusatzübereinkommen.
724 Art. V Abs. 1 lit. c) WÜ 1997.
725 Art. V Abs. 2 WÜ 1997.
726 Art. VII Abs. 1 lit. a) WÜ 1997. Eine unbegrenzte Haftung des Anlageninhabers sehen neben
Deutschland auch die Schweiz, Japan und Südkorea vor. Pelzer, in: Handbuch zum europäi-
schen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59, Rn. 31.
727 Art. VII Abs. 1 lit. a) WÜ 1997.
728 Art. VII Abs. 1 lit. b) WÜ 1997.
729 Art. IV Abs. 3 und Art. VI Abs. 1 lit. a) i) WÜ 1997.