Page 185 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen                          161

                           porten also grundsätzlich  der versendende oder empfangende Anlageninhaber,
                                                          701
                           ausnahmsweise auch der Beförderer. 7
                              Die Haftung ist verschuldensunabhängig und auf den Anlageninhaber kanali-
                           siert. 7  Die Haftungsausschlussgründe sind identisch mit denen des Pariser Über-
                               702
                           einkommens. 7  Zudem bestimmt Art. IV Abs. 2 WÜ im Gegensatz zum Pariser
                                       703
                           Übereinkommen ausdrücklich, dass der Anlageninhaber von seiner Haftung ganz
                           oder teilweise befreit werden kann, wenn der Geschädigte die Schäden absichtlich
                           oder grob fahrlässig herbeigeführt hat und das anzuwendende nationale Recht dies
                           vorsieht.
                              Ersetzt werden  nach der Legaldefinition des „nuklearen Schadens“ in
                           Art. I Abs. 1 lit. k) WÜ  Personen-  und  Sachschäden, die durch die radioaktiven
                           Eigenschaften des Kernmaterials verursacht wurden. Art, Form und Umfang des
                           Schadensersatzes sowie dessen gerechte  Verteilung bestimmen sich  nach dem
                                                       704
                           Recht des zuständigen Gerichts. 7  Anders als das Pariser Übereinkommen enthält
                           das Wiener Übereinkommen eine Öffnungsklausel für die Erweiterung des Scha-
                           densbegriffs nach dem jeweils anwendbaren Recht. 7
                                                                       705
                              Die Haftung des Anlageninhabers kann durch den Anlagestaat auf einen Be-
                           trag von nicht weniger als 5 Millionen US-Dollar für jedes nukleare Ereignis be-
                           grenzt werden; 7  Zinsen und Kosten sind zusätzlich  zu zahlen. 7  Das Wiener
                                                                                    707
                                        706
                           Übereinkommen sieht also im Gegensatz zum Pariser Übereinkommen von 1982
                           anstelle eines Haftungshöchstbetrags eine Haftungsuntergrenze vor, die deutlich
                           niedriger ist und sich nach dem Wert des US-Dollars in Gold am 29. April 1963
                           richtet. 7
                                 708
                              Der Anlageninhaber ist nach Art. VII Abs. 1 S. 1 WÜ zur Deckung seiner
                           Haftung verpflichtet, eine Versicherung oder vergleichbare finanzielle Sicherheit
                           aufrechtzuerhalten, wobei neben der Art und den Bedingungen auch die Höhe der
                           Sicherstellung dem Anlagestaat überlassen  bleibt. Hinsichtlich der  Höhe der Si-
                           cherstellung sind die Anlagestaaten somit anders als nach dem Pariser Überein-
                           kommen, wo Haftung und Deckung sich entsprechen müssen, völlig frei. Reicht
                           eine solche Sicherheit zur Deckung der geltend gemachten Schadensersatzansprü-
                           che nicht aus, muss der Anlagestaat jedoch die Erfüllung dieser Ansprüche bis zu
                           dem nach Art. V WÜ festgesetzten Betrag sicherstellen. 7  Entsprechend dem
                                                                             709

                           701  Art. II Abs. 1 lit. b) und c) WÜ entsprechen Art. 4 lit. a) und b) PÜ. Art. II Abs. 2 WÜ entspricht
                              Art. 4 lit. d) PÜ.
                           702  Art. II Abs. 5 S. 1 und Art. IV Abs. 1 WÜ. Eine Art. 6 lit. c) i) 1) PÜ entsprechende Ausnahme
                              von der Haftungskanalisierung enthält Art. IV Abs. 7 lit. a) WÜ.
                           703  Vgl. Art. IV Abs. 3 WÜ.
                           704  Art. VIII WÜ.
                           705  Vgl. Art. I Abs. 1 lit. k) ii) und iii) WÜ.
                           706  Art. V Abs. 1 WÜ.
                           707  Art. V Abs. 2 WÜ.
                           708  Vgl. Art. V Abs. 3 WÜ.
                           709  Art. VII Abs. 1 S. 2 WÜ.
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