Page 212 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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188                                      3.Teil: Nationale  Haftungsregelungen

                           Ein betrieblicher Zusammenhang i.S.d. HaftpflG ist dagegen – anders als nach
                        dem StVG – grundsätzlich zu verneinen, wenn stillstehende Waggons be-  oder
                        entladen werden. 8  Der gerade für Gefahrguttransporte entscheidende Moment
                                       855
                        des Be- und Entladens fällt also grundsätzlich nicht unter den Betriebsbegriff und
                        unterliegt somit auch  nicht der  Gefährdungshaftung des § 1 HaftpflG. Wird je-
                        doch nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und einer dem
                        Bahnbetrieb eigentümlichen Gefahr gegeben ist, kann ausnahmsweise auch das
                        Be- und Entladen stillstehender Waggons  eine Haftung nach  § 1 HaftpflG  be-
                        gründen. 8
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                        e) Haftungsausschluss und Mitverschulden
                        Nach § 1 Abs. 2 HaftpflG ist die Gefährdungshaftung des Bahnbetriebsunter-
                        nehmers nur dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verur-
                        sacht wurde. 8  Der Begriff der höheren Gewalt entspricht dem des § 7 StVG. 8
                                                                                          858
                                   857
                           Die Ersatzpflicht ist ferner nach § 1 Abs. 3 HaftpflG ausgeschlossen, wenn ei-
                        ne zur Aufbewahrung angenommene Sache oder eine beförderte Sache beschädigt
                        wird, es sei denn, dass ein Fahrgast sie an sich trägt oder mit sich führt.
                           Trifft den Geschädigten an der Entstehung des Schadens ein Verschulden, so
                        gilt nach § 4 HaftpflG § 254 BGB.


                        f) Haftungsumfang
                        Der Betriebsunternehmer haftet ebenso wie der Kfz-Halter für Personen- und
                        Sachschäden, § 1 Abs. 1 HaftpflG. Der Umfang der Haftung für Personenschäden
                        ergibt sich aus den §§ 5, 6 und 8 HaftpflG, die inhaltlich und nahezu wörtlich mit
                                                                                            859
                        den entsprechenden Vorschriften des StVG (§§ 10, 11 und 13) übereinstimmen, 8
                        so dass auf die Ausführungen dazu verwiesen werden kann 8 . Neu ist auch hier,
                                                                           860
                        dass durch Einfügung des § 6 S. 2 HaftpflG im Zuge des 2. SchadÄndG Ansprü-
                        che auf Schmerzensgeld ausdrücklich ersatzfähig sind. 8
                                                                      861
                           Der Haftungsumfang für die durch Zerstörung oder Beschädigung entstande-
                        nen Sachschäden und deren Folgeschäden ist anders als der für Personenschäden


                        855  Filthaut, Haftpflichtgesetz, § 1 HaftpflG Rn. 120 m.w.N. aus der Rechtsprechung.
                        856  Filthaut, Haftpflichtgesetz, § 1 HaftpflG Rn. 120.
                        857  In Anpassung an das StVG ist mit dem Inkrafttreten des 2. SchadÄndG vom 19.07.2002 der
                           Haftungsausschlussgrund des unabwendbaren Ereignisses entfallen (BT-Drucks. 14/7752, S. 7
                           und 35).
                        858  Filthaut, Haftpflichtgesetz, § 1 HaftpflG Rn. 158 f.
                        859  Im Einzelnen siehe die Kommentierungen von Filthaut, Haftpflichtgesetz, §§ 5, 6 und 8
                           HaftpflG Rn. 1 ff.
                        860  Siehe 3. Teil A I 1 f).
                        861  BT-Drucks. 14/7752, S. 35.
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