Page 218 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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194                                      3.Teil: Nationale  Haftungsregelungen

                        jedoch der Zwangslotse, der für sein Verschulden selbst haftet, da er dem Schiffs-
                                                                                 888
                        eigner kraft öffentlich-rechtlicher Bestimmung aufgezwungen wird. 8
                           Der Schaden muss schließlich „in Ausführung von Dienstverrichtungen“ ver-
                        ursacht worden sein. Dazu zählen alle mit der Verwendung des Schiffes  zur
                        Schifffahrt unmittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Lade-
                                                                                    889
                        und Löschvorgänge sowie die Beachtung gesetzlicher Verpflichtungen. 8


                        b) Haftungsbeschränkung
                        Die Vorschriften über die Haftungsbeschränkung im  BinSchG wurden im Jahr
                        1998 in Anlehnung an das Straßburger Übereinkommen über die Beschränkung
                        der Haftung  in der Binnenschifffahrt  (CLNI) 8  reformiert. 8  Damit einherge-
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                        hend wurde das System der dinglich-beschränkten Haftung des Schiffseigners auf
                        Schiff und Fracht (§ 4 BinSchG a.F.) aufgegeben und durch das System der per-
                        sönlichen, jedoch summenmäßig beschränkten Haftung abgelöst. 8
                                                                               892
                           Für Ansprüche wegen Schäden, die Dritten durch die Beförderung gefährli-
                        cher Güter entstanden sind, sieht § 5h BinSchG besondere Haftungshöchstbeträ-
                        ge vor. Die Haftung für Ansprüche wegen Gefahrgutschäden ist somit nicht von
                        der Haftungsbeschränkung ausgenommen. Das Recht zur Haftungsbeschränkung
                        gilt nach § 4 Abs. 1 BinSchG für Ansprüche wegen Personen- und Sachschäden,
                        die an Bord oder in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb des Schif-
                        fes 8  oder mit  einer  Bergung einschließlich einer Wrackbeseitigung  eingetreten
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                        sind, sowie für Ansprüche aus Wrackbeseitigung. Diese Ansprüche werden in
                        § 4 Abs. 2 bis 4 BinSchG näher bestimmt.
                           Ferner  stellt  § 4 Abs. 1 S. 2 BinSchG entsprechend seinem Vorbild aus der
                        CLNI (Art. 2 Abs. 1 und 2) klar, dass der Schiffseigner seine Haftung für alle we-
                        gen der genannten Schäden gegen ihn gerichteten Ansprüche beschränken kann,
                        unabhängig davon, wie sie rechtlich einzuordnen sind und ob sie aufgrund eines
                        Vertrages oder sonst wie als Rückgriffs- oder Entschädigungsanspruch geltend
                        gemacht werden. Auf diese Weise soll der Schiffseigner davor geschützt werden,
                        dass Gläubiger die Haftungsbeschränkung unterlaufen, indem sie einen anderen
                        Haftpflichtigen, der seine Haftung nicht beschränken kann, in Anspruch nehmen,




                        888  Vortisch/Bemm, Binnenschiffahrtsrecht, § 3 BinSchG Rn. 13; vgl. auch Rabe, Seehandelsrecht,
                           § 485 HGB Rn. 3.
                        889  Vortisch/Bemm, Binnenschiffahrtsrecht, § 3 BinSchG Rn. 23.
                        890  Die Abkürzung CLNI leitet sich aus dem Titel der französischen Fassung ab: Convention des
                           Strasbourg sur la limitation de la responsabilité en navigation intérieure.
                        891  BT-Drucks. 13/11031, S. 1 ff.
                        892  BT-Drucks. 13/11031, S. 30.
                        893  Der „Betrieb“ eines Binnenschiffes ist entsprechend dem „Betrieb“ eines Seeschiffes zu verste-
                           hen. Siehe dazu die Ausführungen unter 3. Teil A I 5 b) aa).
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