Page 228 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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204                                      3.Teil: Nationale  Haftungsregelungen

                           Gesonderte Haftungshöchstbeträge gelten ferner für Ansprüche wegen Besei-
                        tigung, Vernichtung oder  Unschädlichmachung von  Wracks und  deren Ladung
                        nach § 487 HGB und allgemein für kleinere Schiffe nach § 487a HGB. Damit die
                        quotenmäßige Befriedigung von Ansprüchen  aus Beseitigung von  Wrack und
                        Ladung nicht zusammen mit sonstigen Forderungen aus einer einheitlichen Haf-
                        tungshöchstsumme erfolgt, bestimmt  § 487 Abs. 2 HGB,  dass  der  nach
                        Art. 6 Abs. 1 lit. b) HBÜ zu errechnende Höchstbetrag ausschließlich zur Befrie-
                        digung dieser Ansprüche zur Verfügung steht. Für die Ansprüche aus Beseitigung
                        von Wrack und Ladung ist also ein besonderer Fonds zu errichten. Diese Rege-
                        lung soll der öffentlichen  Hand  einen  angemessenen Ausgleich  für ihre  erfah-
                        rungsgemäß hohen Kosten der Wrackbeseitigung bieten. 9  Zum Schutz kleinerer
                                                                         940
                        Schiffe (insbesondere Fischereiboote) mit einem Raumgehalt von bis zu 250 Ton-
                        nen bestimmt § 478a HGB, dass der Haftungshöchstbetrag für solche Schiffe die
                        Hälfte des für sonstige Ansprüche geltenden Sockelbetrages – also 500.000 SZR –
                        beträgt. 9
                              941
                           Für Ansprüche gegen einen Berger oder Retter ist ferner Art. 6 Abs. 4 HBÜ
                        zu beachten, für Ansprüche gegen einen an Bord tätigen Lotsen § 487c HGB.

                        dd) Verfahren der Haftungsbeschränkung
                        Die Beschränkung der Haftung kann durch die Errichtung eines Haftungsfonds
                        i.S.d. Art. 11 HBÜ  oder durch  bloße Einrede geltend machen werden,
                        § 487e HGB. Wird von der ersten Möglichkeit Gebrauch gemacht, dann erfolgt
                        die Haftungs-beschränkung gegenüber allen  Gläubigern aus  einem  bestimmten
                        Ereignis durch Einleitung  eines Seerechtlichen Verteilungsverfahren nach  §§ 1-
                        33 SVertO. 9  Gegenüber einem einzelnen Gläubiger besteht auch  die Möglich-
                                  942
                        keit, die Haftungsbeschränkung durch bloße Einrede im Prozess geltend zu ma-
                        chen.


                        ee) Unbeschränkte Haftung
                        Das Recht zur Haftungsbeschränkung entfällt nach Art. 4 HBÜ, wenn der Haft-
                        pflichtige den Schaden nachweislich entweder absichtlich oder leichtfertig und in
                        dem Bewusstsein verursacht hat, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit
                        eintreten werde. 9
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                        940  Rabe, Seehandelsrecht, § 487 HGB Rn. 1; BT-Drucks. 10/3852, S. 17.
                        941  § 487a HGB ist durch Art. 15 Abs. 2 lit. b) HBÜ gedeckt.
                        942  Herber, Seehandelsrecht, S. 217 f. Ausführlich zum Seerechtlichen Verteilungsverfahren: Herber,
                           Seehandelsrecht, S. 221 ff. und Rabe, Seehandelsrecht, Anhang zu § 487e HGB Rn. 1 ff.
                        943  Wiederum sind die Begriffe als Vorsatz und bewusste grobe Fahrlässigkeit zu verstehen; siehe
                           Herber, Seehandelsrecht, S. 215 f.
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