Page 239 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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3.Teil: Nationale Haftungsregelungen                                215

                           den  Höchstbetrag nach  dem Brüsseler Zusatzübereinkommen beschränkt
                           (300 Millionen SZR), § 31 Abs. 2 S. 3 AtG.
                              Von der unbegrenzten Haftung ferner  ausgenommen sind die in Art. 9 PÜ
                           aufgeführten Fälle höherer Gewalt, § 31 Abs. 1 S. 2 AtG. In diesen Fällen wird die
                           Haftung des Inhabers auf den Höchstbetrag der staatlichen Freistellungsverpflich-
                           tung (2,5 Milliarden Euro, § 34 Abs. 1 AtG) begrenzt. Im Falle einer Sachbeschä-
                           digung  haftet  der  Ersatzpflichtige  nach  § 31 Abs. 3 S. 1 AtG  schließlich  nur  bis
                           zur Höhe des gemeinen Wertes der beschädigten Sache zuzüglich der Kosten für
                           die Sicherung gegen die von ihr ausgehende Strahlengefahr. Schäden am Beförde-
                           rungsmittel selbst werden nur dann ersetzt, wenn die Befriedigung anderer Scha-
                           densersatzansprüche sichergestellt ist, § 31 Abs. 3 S. 2 AtG.
                              Für den Fall, dass die gesetzlichen Schadensersatzverpflichtungen die zur Ver-
                           fügung stehenden Mittel  übersteigen, bestimmt sich deren gerechte Verteilung
                           und das dabei zu beachtende Verfahren durch Gesetz, bis zum Erlass eines sol-
                           chen Gesetzes durch Rechtsverordnung, § 35 AtG. Ein solches Verteilungsverfah-
                           ren wird im Bedarfsfall vermutlich dem Seerechtlichen Verteilungsverfahren nach
                           der SVertO nachgebildet werden. 9
                                                        987

                           Zur Deckung seiner Haftpflicht hat der Inhaber nach Art. 10 PÜ eine Versiche-
                           rung  oder sonstige finanzielle Sicherheit aufrechtzuerhalten, wobei Art und  Be-
                           dingungen der Sicherheit dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten überlas-
                           sen bleiben.
                              In Deutschland ist der Nachweis einer  finanziellen  Sicherheit – einer soge-
                           nannten  Deckungsvorsorge – Genehmigungsvoraussetzung für alle nach dem
                           Atomgesetz  genehmigungspflichtigen  Tätigkeiten: Unter diese fallen auch die
                           Beförderung von Kernbrennstoffen 9  außerhalb eines abgeschlossenen Geländes
                                                          988
                           im Inland (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 AtG) ebenso wie grenzüberschreitende Beförderungen
                           (§ 4a AtG). Bei der Beförderung von Kernmaterialien nach § 4b AtG ist die erfor-
                           derliche Deckungsvorsorge dagegen lediglich vor Beginn der Beförderung nach-
                           zuweisen.
                              Art, Umfang und Höhe der zu erbringenden Deckungsvorsorge sind im Ein-
                           zelnen in  §§ 13-15 AtG i.V.m. der  Atomrechtlichen Deckungsvorsorge-
                           Verordnung (AtDeckV) 9  geregelt.  Der  Höchstbetrag der Deckungsvorsorge
                                                989
                           beläuft sich  auf 2,5 Milliarden Euro (§ 13 Abs. 3 AtG).  Bei  den  in  Deutschland
                           gelegenen Kernkraftwerken wird die Deckung bis zum Betrag von
                           255,645 Millionen Euro durch eine Haftpflichtversicherung erbracht, darüber


                           987  Vgl. Herber, TranspR 1987, 253 (260).
                           988  Der Begriff der „Kernbrennstoffe“ entspricht dem in Art. 1 lit. a) v) PÜ (siehe Abs. 1 Ziff. 3 der
                              Anlage 1 zum AtG). Er ist nicht zu verwechseln mit dem weiteren Begriff der „Kernmateria-
                              lien“.
                           989  Verordnung über die Deckungsvorsorge nach dem Atomgesetz vom 25.01.1977 (BGBl. 1977 I,
                              S. 220 ff; zuletzt geändert in BGBl. 2007 I, S. 2631).
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