Page 240 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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216 3.Teil: Nationale Haftungsregelungen
hinaus bis zum Höchstbetrag von 2,5 Milliarden Euro durch gegenseitige Garan-
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tiezusagen der Muttergesellschaften (Solidardeckung der Betreiber). 9 Diese pri-
vate Deckungsvorsorge wird ergänzt durch die Freistellungsverpflichtung des
Bundes und der Länder, §§ 34, 36 AtG.
Von der Möglichkeit eines Direktanspruchs gegen den Versicherer wurde
schließlich kein Gebrauch gemacht. § 14 Abs. 1 AtG stellt ausdrücklich klar, dass
ein Direktanspruch i.S.v. § 115 Abs. 1 VVG nicht begründet wird.
Sind mehrere Verursacher für einen nuklearen Schaden einem Dritten gegen-
über verantwortlich, haften sie nach § 33 Abs. 1 AtG als Gesamtschuldner; den
internen Ausgleich regelt § 33 Abs. 2 AtG.
Die Bundesrepublik Deutschland hat schließlich von der in Art. 8 lit. c) PÜ
gegebenen Möglichkeit, kürzere Verjährungsfristen festzusetzen, Gebrauch ge-
macht und abweichend von Art. 8 lit. a) PÜ in § 32 Abs. 1 AtG bestimmt, dass
Schadensersatzansprüche wegen nuklearer Schäden in drei Jahren ab Kenntnis
oder Kennenmüssen des Schadens und der ersatzpflichtigen Person verjähren.
Die absolute Verjährungsfrist beträgt dreißig Jahren ab dem schädigenden Ereig-
nis.
2. Haftung nach Art. 4 Pariser Übereinkommen i.V.m. § 26 AtG
In den Fällen, in denen § 25 AtG nicht einschlägig ist, greift die Haftung nach
Art. 4 PÜ i.Vm. § 26 Abs. 1 S. 1 AtG. Diese setzt voraus, dass durch die Wirkung
eines Kernspaltungsvorgangs oder der Strahlen eines radioaktiven Stoffes oder
durch die von einer Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlen ausgehende
Wirkung ionisierender Strahlen ein Personen- oder Sachschaden verursacht wird.
Haftpflichtig ist grundsätzlich der Besitzer 9 des jeweils schädigenden Stoffes.
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§ 26 AtG kommt in erster Linie für Schäden durch Radioisotope in Betrieben
oder Einrichtungen außerhalb von Kernanlagen oder während Transporten in
Betracht. 9
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Bei der Beförderung radioaktiver Stoffe haftet nach § 26 Abs. 6 AtG aus-
nahmsweise der Absender nach den Bestimmungen des § 26 Abs. 1 bis 3 AtG,
ohne Rücksicht darauf, ob er Besitzer der Stoffe ist, solange bis der Empfänger
die Stoffe übernommen hat. Denn für die Sicherheit der Beförderung ist die Ver-
packung von entscheidender Bedeutung, welche in der Regel dem Absender ob-
liegt. 9
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990 Pelzer, in: Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht 2003, § 59 Rn. 15.
991 Maßgeblich ist, wer die tatsächliche Gewalt ausübt. Zur Bestimmung des Begriffs „Besitzer“
muss auf die allgemeinen Vorschriften des BGB zurückgegriffen werden (§§ 854 ff. BGB), Fi-
scherhof, Deutsches Atomgesetz und Strahlenschutzrecht, §26 AtG Rn. 5 ff.
992 Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, § 26 AtG Rn. 2.
993 Haedrich, Atomgesetz mit Pariser Übereinkommen, § 26 AtG Rn. 8.