Page 244 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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220                                      3.Teil: Nationale  Haftungsregelungen

                        also ebenso wie der Begriff des Halters i.S.d. § 7 StVG und des Luftverkehrsgeset-
                                                                                   1014
                        zes sowie des Betriebsunternehmers i.S.d. § 1 HaftpflG zu verstehen. 1
                           Die Anlagenhaftung setzt ferner voraus, dass wassergefährdende Stoffe  aus
                        der Anlage in ein Gewässer gelangen und dadurch die physikalische, chemische
                                                                            1015  Es genügt dabei,
                        oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird. 1
                        dass eine Gewässerverschmutzung droht oder Stoffe mittelbar – z.B. über die
                                                         1016  Hinsichtlich der Änderung der Wasser-
                        Kanalisation – ins Gewässer gelangen. 1
                        beschaffenheit ist es ausreichend, dass die Einwirkung für das Wasser gefährlich
                        und generell geeignet ist, die Beschaffenheit des Wassers und dessen wasserwirt-
                                                             1017  Bei gefährlichen Gütern wird die
                        schaftliche Tauglichkeit zu beeinträchtigen. 1
                        Wassergefährlichkeit in der Regel gegeben sein. Beispiele für nachteilige Verände-
                        rung sind  Temperaturschwankungen, Radioaktivität,  Verminderung des Sauer-
                                                                                1018
                        stoffgehalts oder Einleitung von bakterienverseuchtem Abwasser. 1
                           Wird der Schaden durch  höhere  Gewalt verursacht, ist die Anlagenhaftung
                        nach § 22 Abs. 2 S. 2 WHG ausgeschlossen. Der Begriff der höheren Gewalt ist
                        dabei wie in sonstigen Fällen der Gefährdungshaftung (§ 7 Abs. 2 StVG,
                                                    1019
                        § 1 Abs. 2 HaftpflG) auszulegen. 1
                           Im Gegensatz zu anderen Fällen der Gefährdungshaftung erschöpft sich der
                        Verletzungstatbestand des § 22 WHG nicht in der Verletzung bestimmter Rechts-
                        güter (Personen- und Sachschäden), vielmehr erfasst er die Verletzung eines jeden
                        absoluten Rechts und jeder Vermögensschädigung, soweit die Verletzung  oder
                                                                                        1020
                        Schädigung durch die Beschaffenheitsveränderung adäquat verursacht wird. 1
                           Die Ersatzpflicht des Anlageninhabers umfasst also neben  Personen-  und
                        Sachschäden auch reine Vermögensschäden, ökologische Schäden sowie den Er-
                                             1021  Brand- und Explosionsschäden, die durch auslaufen-
                        satz von Rettungskosten. 1
                        de wassergefährdende Stoffe verursacht worden sind, sind ebenfalls nach
                        § 22 WHG zu ersetzen, vorausgesetzt, dass die Stoffe eine direkte Veränderung
                                                             1022
                        der Wasserbeschaffenheit zur Folge haben. 1

                        1014  BGHZ 80, 1 (4).
                        1015  Die Tatbestandsvoraussetzung der Veränderung der Beschaffenheit des Wassers gilt auch für die
                           Anlagenhaftung. Dies ergibt sich aus der Überschrift des Paragraphen, seiner Entstehungs-
                           geschichte ebenso wie aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Czychowski/Reinhardt, Was-
                           serhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 18; Breuer, Wasserrecht, Rn. 1142.
                        1016  BGH VersR 1981, 458 (459); Breuer, Wasserrecht, Rn. 1138; Czychowski/Reinhardt, Wasser-
                           haushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 47.
                        1017  Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 21; BGH ZfW 1988, 416 (420);
                           Breuer, Wasserrecht, Rn. 1116 f.
                        1018  Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 20.
                        1019  BGHZ 47, 1 (14); Breuer, Wasserrecht, Rn. 1143. Siehe 3. Teil A I 1e).
                        1020  BGHZ 47, 1 (12 f.).
                        1021  BGHZ 47, 1 (12 f.); 103, 129 (140); Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG
                           Rn. 29 f.; BGHZ 80, 1 (6 f.).
                        1022  OLG Köln VersR 1967, 872 (874); ausführlich dazu Bremer, S. 312 ff.
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