Page 246 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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222                                      3.Teil: Nationale  Haftungsregelungen

                           Grundsätzlich sind Schadensersatzansprüche aus § 22 WHG – anders als die
                                                                              1030  Dies gilt auch,
                        meisten Gefährdungshaftungen – der Höhe nach unbegrenzt. 1
                        wenn die Haftung aus § 22 WHG mit einer konkurrierenden  Haftung  aus
                                                                          1031  Deren Haftungsbe-
                        § 7 StVG, § 1 HaftpflG oder § 33 LuftVG zusammentrifft. 1
                        schränkungen durch Höchstsummen finden auf die wasserrechtliche Anlagenhaf-
                        tung keine Anwendung; der Anlageninhaber haftet somit in der Regel bis zur hö-
                        heren Gewalt.
                           Bei Gewässerverunreinigungen, die von Binnenschiffen ausgehen und für die
                        eine  adjektizische Haftung  des  Schiffseigners nach § 3 BinSchG in Betracht
                        kommt, unterliegen konkurrierende Ansprüche aus  § 22 WHG ebenfalls – seit
                        Einführung des  Summenhaftungssystems  nach  § 5 Nr. 4 BinSchG  sogar  aus-
                                                              1032
                        drücklich – nicht der Haftungsbeschränkung. 1
                           Einzige Ausnahme bilden Ansprüche wegen Gewässerverunreinigungen durch
                        Seeschiffe. Handelt es sich dabei um Ölverschmutzungsschäden, verdrängt das
                        Ölhaftungsübereinkommen von 1992 die  Haftung nach § 22 WHG in seinem
                        Anwendungsbereich vollständig. Aber  auch andere  Ansprüche wegen Schäden,
                        die durch aus Seeschiffen in ein  Gewässer gelangte wassergefährdende Stoffe
                        verursacht  worden sind, unterliegen der Haftungsbeschränkung  nach
                        §§ 486 ff. HGB i.V.m. dem Haftungsbeschränkungsübereinkommen (HBÜ), vor-
                        ausgesetzt, dass diese Schäden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb
                                                                                 1033  Denn nach
                        des Schiffes oder mit Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten stehen. 1
                        § 7 Abs. 2 EGHGB  unterliegen  sämtliche  privatrechtlichen  Ansprüche,  die  aus
                        dem Schiffsbetrieb entstehen – also auch solche aus § 22 WHG –, der Haftungs-
                        beschränkung nach den §§ 486 – 487e HGB. Ansprüche aus § 22 WHG können
                        also ausnahmsweise im Seeschifffahrtsrecht summenmäßig beschränkt werden.
                           Eine Versicherungspflicht  für Gewässerschäden ist nach dem Wasserhaus-
                        haltsgesetz nicht vorgesehen. Teilweise sind Ansprüche aus § 22 WHG auch über
                        andere Pflichtversicherungen abgedeckt, wie z.B. der Kfz-Haftpflicht-
                                   1034  Dies ist aber die Ausnahme. Zudem fallen Gewässerschäden, die
                        versicherung. 1
                        als Vermögensschäden  eingestuft werden, auch  nicht  unter den Versicherungs-
                        schutz der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, Ziffer 1 AHB. Deshalb ist es für
                        Gefahrguttransport-unternehmen, die häufig wassergefährdende Stoffe befördern,
                        sinnvoll eine  Gewässerhaftpflichtversicherung,  die speziell auf die  sich  aus
                        § 22 WHG ergebenden Haftungsrisiken zugeschnitten ist, abzuschließen.


                        1030  Breuer, Wasserrecht, Rn. 1129, 1155; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG
                           Rn. 29.
                        1031  BGHZ 47, 1 (8 f.); Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 54; Gieseke,
                           ZfW 1964, 179 (186); Bremer, S. 321 f.
                        1032  Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 55.
                        1033  Siehe dazu bereits ausführlich unter 3. Teil A I 5 b) aa); Herber, Seehandelsrecht, S. 187; Bauer,
                           in: FS für Stimpel, S. 979 (983 f.).
                        1034  OLG Hamburg, VersR 1969, 223; Bremer, S. 324.
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