Page 243 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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3.Teil: Nationale Haftungsregelungen 219
wusst in ein Gewässer gepumpt werden oder Fahrzeuge und deren Behälter un-
1004
sachgemäß gereinigt werden. 1
b) Anlagenhaftung, § 22 Abs. 2 WHG
Nach § 22 Abs. 2 WHG haftet der Inhaber einer Anlage, die bestimmt ist Stoffe
herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten,
für die schädlichen Folgen der Wasserverschlechterung, die dadurch entstehen,
dass aus einer solchen Anlage Stoffe in ein Gewässer gelangen, ohne in diese ein-
gebracht oder eingeleitet zu sein. Für die Anwendbarkeit der Anlagenhaftung auf
Gefahrguttransporte ist von entscheidender Bedeutung, dass die beim Transport
verwendeten Fahrzeuge oder Transportbehälter als Anlage i.S.d.
§ 22 Abs. 2 WHG zu qualifizieren sind.
Der Anlagenbegriff des § 22 Abs. 2 WHG ist weit auszulegen und umfasst
ortsfeste ebenso wie ortsveränderliche Einrichtungen, mit denen im Allgemeinen
für eine gewisse Dauer bestimmte in § 22 Abs. 2 WHG im Einzelnen aufgeführte
1005 Dabei müssen allerdings die
Zwecke mit technischen Mitteln verfolgt werden. 1
Stoffe, mit denen dort bestimmungs- und definitionsgemäß umgegangen wird,
wassergefährdend sein, d.h. sie müssen typischerweise geeignet sein, die Beschaf-
1006 Unter den Anlagenbegriff fallen nach stän-
fenheit des Wassers zu verändern. 1
1007 1008 ,
diger Rechtsprechung auch Tankwagen oder Tanklastzüge 1 , Tankschiffe 1
1009 und schließlich auch Behälter wie Container, Fässer,
Kesselwagen der Bahn 1
1010 1011 .
Kessel, Kisten, Flaschen 1 sowie Benzinbehälter auf einem Tankwagen 1
Land-, Wasser- oder Luftfahrzeuge, die nur den zur eigenen Fortbewegung benö-
tigten Kraftstoff mitführen, sind dagegen keine Anlagen i.S.d.
1012
§ 22 Abs. 2 WHG. 1
Haftpflichtig ist der Inhaber der Anlage, aus der die wassergefährdenden Stof-
fe in ein Gewässer gelangt sind. Als Anlageninhaber wird derjenige angesehen, der
die Anlage für eigene Rechnung in Gebrauch hat, nach außen hin als der für sie
Verantwortliche auftritt und die tatsächliche Verfügungsgewalt besitzt, die ein
1013 Der Inhaberbegriff des § 22 Abs. 2 WHG ist
solcher Gebrauch voraussetzt. 1
1004 Bremer, S. 287; Stör, S. 97.
1005 BGHZ 57, 257 (259 f.); Breuer, Wasserrecht, Rn. 1134; BGH ZfW 1994, 336 (338).
1006 BGH NJW 1983, 2029 f.; Breuer, Wasserrecht, Rn. 1134 m.w.N.
1007 BGHZ 47, 1 (3); 80, 1 (4); OLG Düsseldorf VersR 1965, 343; BGH ZfW 1994, 336 (338).
1008 BGH MDR 1969, 915 f.; BGHZ 76, 35 (39); OLG Köln VersR 1966, 485 (486); OLG Köln
VersR 1967, 872 (874); BGH VersR 1969, 925.
1009 OLG Köln ZfW 1975, 66 (67); BGHZ 47, 1 (3); OLG Köln ZfW 1975, 66 (67); Aschenberg,
ZfW 1968, 250 (259).
1010 Breuer, Wasserrecht, Rn. 1134 m.w.N.
1011 BGHZ 47, 1 (3).
1012 Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, § 22 WHG Rn. 43.
1013 BGHZ 80, 1 (4); BVerwG ZfW 1988, 350; Breuer, Wasserrecht, Rn. 1145 m.w.N.