Page 255 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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3.Teil: Nationale Haftungsregelungen                                231

                           tungsvoraussetzungen kann auf die Ausführungen zu § 823 Abs. 1 BGB verwiesen
                           werden.


                           3. Haftung nach § 831 BGB

                           § 831 BGB normiert die deliktische Haftung des Geschäftsherrn für das rechts-
                           widrige Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen. Beim Transport gefährlicher Güter
                           spielt die Haftung nach § 831 BGB insbesondere im Verhältnis des Transportun-
                           ternehmers zu seinen angestellten Fahrzeugführern  und anderen Hilfspersonen
                           eine  Rolle. Der Geschäftsherr haftet für eigenes vermutetes Verschulden unab-
                           hängig vom Verschulden des Verrichtungsgehilfen. Jedoch kann er sich von seiner
                           Haftung   befreien,  wenn    ihm   der   sog.  Entlastungsbeweis  i.S.d.
                           § 831 Abs. 1 S. 2 BGB gelingt.
                              Verrichtungsgehilfe i.S.d. § 831 BGB ist derjenige, dem von einem anderen ei-
                           ne Tätigkeit  übertragen worden ist, unter dessen Einfluss er allgemein  oder im
                           konkreten Fall handelt und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, wobei
                           es genügt, dass der Geschäftsherr die konkrete Tätigkeit des Handelnden jederzeit
                           beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmten kann, also ein
                                                        1096  Verrichtungsgehilfen beim Gefahrguttrans-
                           sogenanntes Weisungsrecht hat. 1
                                                                                  1097 , Fahrzeugfüh-
                           port sind beispielsweise die angestellten Gefahrgutbeauftragten 1
                           rer, Beifahrer etc., nicht dagegen der selbständige Gefahrgutbeauftragte, Verlader,
                           Absender, Spediteur oder Empfänger. Der Verrichtungsgehilfe muss eine tatbe-
                           standsmäßige, rechtswidrige, nicht aber notwendigerweise schuldhafte Handlung
                                                                                         1098  Erfor-
                           i.S.d. §§ 823 ff. BGB in Ausführung einer Verrichtung begangen haben. 1
                           derlich ist ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen der dem Gehilfen
                           aufgetragenen Verrichtung nach ihrer Art und ihrem Zweck und der schädigenden
                                    1099
                           Handlung. 1
                              Die schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsherrn wird ebenso wie der ur-
                           sächliche Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden nach
                                                       1100  Allerdings kann sich der Geschäftsherr von
                           § 831 Abs. 1 S. 1 BGB vermutet. 1
                           seiner Haftung bereits dadurch befreien, dass er nur eine der beiden Vermutungen
                           widerlegt. Denn nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn
                           der Geschäftsherr bei der Auswahl, Überwachung und Leitung der bestellten Per-
                           son und der Beschaffung der erforderlichen Geräte die im Verkehr erforderliche
                           Sorgfalt beachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt ent-
                           standen sein würde.


                           1096  BGHZ 45, 311 (313); Palandt/Sprau, BGB, § 831 Rn. 5.
                           1097  Dazu ausführlich Stör, S. 71 f.
                           1098  Palandt/Sprau, BGB, § 831 Rn. 8 f.
                           1099  BGH NJW 1971, 31 (32); BGH NJW-RR 1989, 723 (725).
                           1100  Palandt/Sprau, BGB, § 831 Rn. 1.
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