Page 270 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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246 3.Teil: Nationale Haftungsregelungen
stehung ein motorisiertes Fahrzeug oder dessen Anhänger beteiligt (impliqué) war,
werden von der Pflichthaftpflichtversicherung gedeckt, Art. L 211-1 Abs. 1 C.ass.
Räumlich erstreckt sich der Versicherungsschutz auf alle Mitgliedstaaten der Eu-
ropäischen Union sowie auf die Staaten, in denen durch die Grüne Karte einge-
richtete nationale Büros individuell Garant für die Abwicklung von Schäden sind,
Art. L 211-4 C.ass.
Zum Nachweis des Bestehens einer Versicherung, hat die Versicherung dem
Versicherungsnehmer nach Art. R 211-14 Abs. 1 C.ass. eine Bestätigung auszustel-
len, welche eine Vermutung für bestehenden Versicherungsschutz begründet und
die der Versicherte jederzeit vorweisen können muss. Überdies hat der Versicher-
te nach Art. R 211-21-1 C.ass. eine Versicherungsplakette (certificat d`assurance) am
Fahrzeug anzubringen. Personen mit Wohnsitz im Ausland genügen der französi-
schen Versicherungspflicht, wenn sie sich im Besitz einer gültigen grünen Karte
befinden, Art. R 211-22 C.ass.
Der Geschädigte hat die Möglichkeit, seinen Anspruch unmittelbar gegen den
1202 Bei der Geltendmachung des
Versicherer geltend zu machen (action directe). 1
Direktanspruchs können den Geschädigten seit den mit der Loi Badinter verbun-
denen Änderungen kaum noch Einreden aus dem Versicherungsvertrag entgegen
1203
gehalten werden. 1
Zur Beschleunigung der versicherungsmäßigen Schadensregulierung – ein
wichtiges Anliegen der Loi Badinter – wurde eine Achtmonatsfrist eingeführt, in-
nerhalb derer der Versicherer dem Unfallopfer ein Entschädigungsangebot ma-
chen muss, Art. 12 Loi Badinter, Art. L 211-9 C.ass. Wird diese Frist nicht eingehal-
ten, verdoppeln sich die vom Versicherer geschuldeten Zinsen für den Zeitraum,
der zwischen Fristablauf und dem Tage des verspäteten Angebots liegt,
Art. 16 Loi Badinter, Art. 211-13 C.ass.
Für die Fälle, in denen bei einem Verkehrsunfall der Schädiger unbekannt bleibt
oder nicht versichert ist oder der Versicherer nicht zahlt, weil er eine Einrede aus
dem Versicherungsvertrag geltend machen kann oder zahlungsunfähig ist, wurde
1204 1205 Der
bereits im Jahre 1951 ein Garantiefonds (fonds de garantie) 1 geschaffen. 1
Geschädigte kann nur in diesen Fällen seine Ansprüche gegenüber dem Garantie-
1202 Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die action directe gibt es nicht. Der Direktanspruch
ergibt sich jedoch aus anderen Bestimmungen (Art. L 124-3 und Art. L 112-6 C.ass.) und ist all-
gemein anerkannt, vgl. Gergen, VersR 2005, 620 (621) und Gotthardt, Landesbericht Frank-
reich, in: Deliktsrecht in Europa, S. 65.
1203 Zu den zulässigen Einreden ausführlich: Das französische Recht betreffend die Entschädigung
bei Verkehrsunfällen, S. 12 f., abrufbar unter: http://www.fga.fr/guide%20en%20allemand.doc
(Stand: 08.08.2010); Siehe auch Ferid/Sonnenberger, Französisches Zivilrecht Bd. 4/1, Rn. 2 M
183 f. sowie Gotthardt, Landesbericht Frankreich, in: Deliktsrecht in Europa, S. 66.
1204 Die offizielle Website des Garantiefonds findet sich unter http://www.fga.fr (Stand: 08.08.2010).
1205 Ausführlich zum Garantiefonds: Das französische Recht betreffend die Entschädigung bei
Verkehrsunfällen, S. 13 ff., abrufbar unter: http://www.fga.fr/guide%20en%20allemand.doc
(Stand: 08.08.2010); Ferid/Sonnenberger, Französisches Zivilrecht Bd. 4/1, Rn. 2 O 401 ff.