Page 302 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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278 4. Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene
immaterielle Schäden für erlittene Schmerzen in allen drei Staaten ersetzt werden
– wenn auch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes differieren wird – ,
sind reine Vermögensschäden in Bezug auf die Haftung für Gefahrguttransporte
in Deutschland nur bei einer Schutzgesetzverletzung, in England gar nicht ersatz-
fähig. Allein nach dem französischem Recht kann der Geschädigte auf den Ersatz
reiner Vermögensschäden hoffen, jedoch wird dieser durch die im Laufe der Ge-
richtspraxis entwickelten Kriterien - direct, actuel, certain und légitime - wieder einge-
schränkt. Immerhin bejahte die französische Rechtsprechung in einem Fall die
1386
Ersatzfähigkeit der Reinigungskosten von benzinverschmutztem Flusswasser. 1
Grundsätzlich gilt aber in allen drei Rechtsordnungen – mit Ausnahme des
§ 22 WHG –, dass Umweltschäden, also die Kosten zur Wiederherstellung ver-
schmutzter Umwelt sowie die Kosten für Schutzmaßnahmen, nicht ersatzfähig
sind.
III. Ergebnis
Die Haftungsgrundlagen der einzelnen Rechtsordnungen für Gefahrguttransporte
sind unübersichtlich, in der Sache ungenügend und nicht geeignet, im Schadensfall
eine zügige und angemessene Entschädigung der Geschädigten sicherzustellen.
Die Notwendigkeit einer Rechtsvereinheitlichung kann daher nicht bezweifelt
werden.
Der unbefriedigende gegenwärtige Zustand ist seit langem bekannt. Bereits
1983 war Herber der Auffassung, „dass die gegenwärtige Gesetzeslage nicht als
befriedigende Grundlage für die Behandlung etwaiger Katastrophenschäden ange-
1387 . Hauptkritikpunkt ist nach wie vor, dass die Haftungs-
sehen werden kann“ 1
grundlagen des geltenden Rechts nicht auf die besonderen Gefahren gefährlicher
Güter zugeschnitten sind. Die in weiten Teilen geltende Verschuldenshaftung
birgt für den Geschädigten immer die Gefahr, dass er auf seinen Schäden sitzen
bleibt, wenn ihm der Verschuldensnachweis nicht gelingt. Gerade im Bereich von
Umwelt-verschmutzungsschäden – deren Ersatzfähigkeit ohnehin die Ausnahme
darstellt – ist es häufig sehr schwer, ein Verschulden des Schädigers wie auch die
Kausalität nachzuweisen. Überdies sind die Haftungshöchstsummen der wenigen
verkehrsspezifischen Regelungen zur Beschränkung der Haftung zumeist für
Schäden durch Gefahrguttransporte viel zu niedrig. Auch eine Versicherungs-
pflicht zur ökonomischen Absicherung möglicher Schadensersatzleistungen fehlt
weitgehend.
1386 Siehe 3. Teil B I 4.
1387 Herber, TranspR 1983, 5 (7).