Page 310 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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286                       4. Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene

                                         1419  Nach alldem ist festzuhalten, dass die Wahl der Gefähr-
                        che Sorgfalt einhält. 1
                        dungshaftung als Haftungsprinzip für die Beförderung gefährlicher Güter am
                        besten geeignet ist.
                           Um die Haftung nicht ausufern zu lassen, sollte Voraussetzung für das Ein-
                        greifen der Gefährdungshaftung das Vorliegen eines kausalen  Zusammenhangs
                        zwischen dem eingetretenen Schaden und den gefährlichen Gütern i.S.d. Adä-
                        quanztheorie sein. Dies ist bei Schäden durch Gefahrguttransporte durchaus zu-
                        mutbar; allein bei nuklearen Spätschäden kann es zu kaum überwindbaren Schwie-
                                                              1420
                        rigkeiten beim Kausalitätsnachweis kommen. 1
                           Schließlich muss auch das Be- und Entladen von der Gefährdungshaftung um-
                        fasst sein, da gerade dies bei Gefahrguttransporten ein kritischer Moment ist.



                        III. Kanalisierung der Haftung

                        Das Prinzip  der Haftungskanalisierung  findet sich in den gefahrgutspezifischen
                        ebenso wie in den für Öl- und Nukleartransporte geltenden  Übereinkommen.
                        Ein Grundgedanke bei der Bestimmung des Haftpflichtigen ist, dass derjenige
                                                                                     1421  In der
                        haften soll, der wirtschaftlich von dem  Gefahrguttransport profitiert. 1
                        Regel sind dies jedoch mehrere Personen, so dass das wirtschaftliche Moment
                        allein kein eindeutiges Merkmal für die Bestimmung des Haftpflichtigen ist. Die
                        Übereinkommen orientieren sich deshalb bei der Wahl der haftpflichtigen Person
                        an folgenden  weiteren Kriterien:  der  unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeit auf
                        das Gefahrgut während  des Transports, der leichten Identifizierbarkeit und
                        Rechts-verfolgung für den Geschädigten sowie der kostengünstigsten Versicher-
                        barkeit. Um das letztgenannte Kriterium zu erreichen, scheidet  eine gesamt-
                        schuldnerische Haftung mehrerer von vornherein aus.
                           Die Bestimmung der Person, auf die die Haftung jeweils kanalisiert wird, ist in
                        den einzelnen Übereinkommen unterschiedlich: Nach der CRTD haftet der Be-
                        förderer, nach dem HNS-Übereinkommen, dem CRDNI-Entwurf und dem Öl-
                        haftungsüber-einkommen der Schiffseigentümer, nach dem Zweiten Römer Haf-
                        tungsabkommen der Halter des Luftfahrzeugs und nach dem Pariser Überein-
                        kommen der Inhaber der Kernanlage.
                           Bei einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung sollten die den Transportmitteln
                        innewohnenden Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten durchaus berücksich-
                        tigt werden. So sind Binnen- und Seeschiffe auch bei der Bestimmung des Haft-
                        pflichtigen gleich zu behandeln, was bisher nach der CRTD (Beförderer) einerseits


                        1419  Hager, JZ 1990, 397 (401).
                        1420  Dazu Rest, Tschernobyl und die internationale Haftung, VersR 1986, 933 (936).
                        1421  Vgl. Puttfarken, Seehandelsrecht, Rn. 784.
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