Page 314 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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290 4. Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene
1431 Die Richtigkeit dieser Behauptung kann dahin-
rungsmarktes als Argument an. 1
gestellt bleiben. Fest steht, dass Haftungshöchstsummen die Versicherbarkeit von
Gefahrguttransporten erheblich erleichtern. Zudem hat sich in der Praxis das
System der Haftungsbeschränkung durch Höchstsummen bewährt; nicht umsonst
enthalten alle gefahrgutspezifischen Übereinkommens(entwürfe) eine summen-
mäßige Haftungsbeschränkung. Nur durch sie kann die Kongruenz von Haftung
und Deckung gewährleistet werden.
Es profitieren nicht zuletzt auch die Geschädigten von der summenmäßigen
Haftungsbeschränkung und der damit verbundenen Versicherbarkeit, denn bis zu
diesen Summen werden sie ihre Schadensersatzansprüche tatsächlich auch realisie-
ren können. Aus Praktikabilitätsgründen sollte deshalb die Haftung auf bestimmte
Beträge beschränkt werden.
2. Durchbrechung der Haftungsbeschränkung
In bestimmten Fällen sollte dennoch eine unbeschränkte Haftung weiterhin mög-
lich sein. Dazu zählen die absichtliche Schadensherbeiführung sowie die bewusste
Leichtfertigkeit des Haftpflichtigen. Der Nachweis derselben wird jedoch für die
Geschädigten meist sehr schwierig sein. Im Bereich der Schifffahrt sollte deshalb
bereits die Verwendung von „sub-standard Schiffen“ – welche genau zu definie-
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ren sind – zur Aufhebung der Haftungsbeschränkung führen. 1
3. Bemessungsgrundlage der Haftungshöchstsummen
Die Art der Bemessung der Haftungshöchstsummen ist letztlich immer eine Er-
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messensentscheidung, der etwas Willkürliches anhaftet. 1
Während die Verfasser der CRTD als Kompromiss die einfachste Lösung
wählten, nach der nur auf das Schadensereignis als Bemessungsgrundlage abge-
stellt wird, entschied man sich beim Ölhaftungsübereinkommen und später auch
beim HNS-Übereinkommen neben dem Schadensereignis auch auf die Größe –
genauer die Ladekapazität – des Schiffes abzustellen. Da allerdings die Ladekapa-
zität eines Schiffes nichts über dessen tatsächliche Auslastung aussagt, ersetzten
die Verfasser des CRDNI-Entwurfs dieses Kriterium durch die Menge der tat-
sächlich geladenen oder zu ladenden Gefahrgüter. Im Zweiten Römer Haftungs-
abkommen gelten die Haftungshöchstsummen dagegen pro Schadensereignis und
werden nach dem Gewicht des Luftfahrzeugs gestaffelt. Das Pariser Überein-
kommen stellt schließlich ebenfalls allein auf das Schadensereignis ab.
1431 Siehe die entsprechenden Nachweise bei den Ausführungen zu den völkerrechtlichen Überein-
kommen.
1432 Siehe bereits 2. Teil E V.
1433 Vgl. Herber, TranspR 1990, 51 (52); Riese, § 36 III 1.