Page 315 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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4.Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene 291
Bei einer Regelung auf Gemeinschaftsebene sollte zunächst einmal für alle Ver-
kehrsträger dieselbe Grundlage zur Bemessung der Haftungshöchstsummen gel-
ten. Verkehrsträgerspezifische Bemessungsgrundlagen, wie beispielsweise die in
§ 5h BinSchG verwendeten Kriterien (Tragfähigkeit und Antriebskraft des Bin-
nenschiffs) scheiden daher von vornherein aus. Auch sind die Ladekapazität des
Transportmittels ebenso wie dessen Gewicht keine geeigneten Kriterien, da sie
nichts über die Menge der tatsächlich beförderten Gefahrgüter aussagen. Keines-
falls darf der Wert der Güter eine Rolle spielen.
Überzeugender ist es, wie im CRDNI-Entwurf bereits vorgeschlagen, auf die
Menge der tatsächlich beförderten Gefahrgüter abzustellen, denn wer mehr be-
fördert, erzielt mehr Gewinn und soll deshalb auch höher haften. Natürlich ist bei
der Berücksichtigung der Quantität der beförderten Güter auch deren Qualität,
d.h. deren Gefährlichkeit, zu berücksichtigen. Oft wird dies als schlechterdings
nicht möglich abgelehnt. In Bezug auf die CRTD war deshalb auch Herber der
Ansicht, dass allein auf das Schadensereignis abzustellen sei und der Verzicht auf
eine Abstufung der Haftung durch die Versicherungswirtschaft mittels geringerer
1434 Dennoch sollte der Versuch gewagt wer-
Prämien ausgeglichen werden solle. 1
den, das unterschiedliche Gefährdungspotential der einzelnen Gefahrgüter nach
einem Punktesystem einzustufen, welches der neu erarbeiteten speziellen Gefahr-
1435 zu entnehmen ist. Dieser Gefahrenfaktor wird dann mit der tatsächli-
gutliste 1
chen Ladung multipliziert.
Sicher spielen auch andere Faktoren wie bspw. die Länge und Gefährlichkeit
der befahrenen Route, die Verpackung, die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen
sowie der Zustand des eingesetzten Transportmittels eine entscheidende Rolle.
Jedoch sollte die Bemessungsgrundlage praktikabel sein und darf daher nicht zu
viele Kriterien enthalten, welche zu einem hohen Verwaltungsaufwand führen
würden, der in keinem Verhältnis zu den Vorteilen der Differenzierung stünde.
Die Kombination aus der tatsächlich beförderten Menge und der Gefährlichkeit
der Güter wäre deshalb zur Bemessung der Haftungshöchstsummen die sachge-
rechteste Lösung.
4. Keine Differenzierung nach Verkehrsträgern
Die Differenzierung der Haftungshöchstsummen nach Verkehrsträgern und die
damit verbundene Privilegierung einzelner Verkehrsträger wie sie nach der CRTD
vorgesehen ist, haben sich nicht bewährt. Für die verschiedenen Verkehrsträger
sollten daher dieselben Haftungshöchstsummen gelten. Nur dann ist Wettbe-
werbsgleichheit zwischen allen Verkehrsträgern gewährleistet.
1434 Herber, TranspR 1987, 253 (260).
1435 Siehe 4. Teil C I.