Page 312 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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288 4. Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene
IV. Haftungsausschlusstatbestände
Bei einer Gefährdungshaftung stellt sich immer die Frage, welche Ausschlusstat-
bestände vorgeschrieben werden müssen. Neben den üblichen Ausschlusstatbe-
ständen für Schäden durch höhere Gewalt, absichtliche Schädigungen Dritter, den
Geschädigten selbst oder durch das Verschulden einer für die Navigationshilfen
zuständigen Behörde ist vor allem der bereits in der CRTD sowie dem HNS-
Übereinkommen enthaltene Ausschlusstatbestand der Unkenntnis von der Ge-
fährlichkeit der Güter in eine gemeinschaftliche Regelung aufzunehmen. Die Haf-
tung des Beförderers oder Schiffseigentümers ist also auszuschließen, wenn er von
dem Absender oder Verlader nicht über die Gefährlichkeit der zu befördernden
Güter informiert wurde und er keine Kenntnis von der Gefährlichkeit der Güter
hatte oder vernünftigerweise hätte haben müssen. Mit Rücksicht auf die aufgrund
der Unkenntnis unterlassenen Sicherheitsmaßnahmen und den unterbliebenen
Versicherungsschutz darf es dabei nicht darauf ankommen, ob der Schaden sei-
nerseits auf der Unkenntnis beruht.
Anstelle des Beförderers/Schiffseigentümers ist der für die Deklarierung des
Gutes und Inkenntnissetzung des Beförderers/Schiffseigentümers zuständige
Absender oder Verlader haftbar zu machen. Übersteigen die geltend gemachten
Schadens-ersatzforderungen die Zahlungsfähigkeit des Absenders/Verladers, soll
1425 diese auffangen.
der Entschädigungsfonds 1
V. Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Verkehrsträger
Grundsätzlich sollten alle Verkehrszweige zur Vorbeugung von Wettbewerbs-
verzerrungen den gleichen Haftungsbedingungen unterworfen werden. Natürlich
muss den spezifischen Besonderheiten der einzelnen Verkehrsarten trotzdem
Rechnung getragen werden. So war ein Grund für das Scheitern der CRTD sicher-
lich, dass die Regelungen für den Landtransport – wenn auch mit einigen Ände-
rungen – auch auf die Binnenschifffahrt Anwendung finden sollten, obwohl die
Binnenschifffahrt naturgemäß der Seeschifffahrt sehr viel näher steht.
Wie bereits angedeutet, weisen die verschiedenen Transportmittel in Verbin-
dung mit gefährlicher Ladung ein unterschiedlich hohes Gefährdungspotential
auf. Bei Transporten auf der Straße ist das Gefährdungspotential am größten, da
sich nicht nur die der Ladung und die dem Transportmittel immanente Gefahr,
sondern auch die allgemeine Verkehrsgefahr durch Fehlverhalten einer Vielzahl
anderer Verkehrsteilnehmer realisieren kann. Hinzu kommt der enge Kontakt mit
1425 Dazu siehe 4. Teil C VIII.