Page 311 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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4.Teil: Rechtsvereinheitlichung auf Gemeinschaftsebene 287
und dem HNS-Übereinkommen, CRDNI-Entwurf und Ölhaftungsüberein-
kommen (Schiffseigentümer) andererseits nicht der Fall ist. Im Gegensatz zur
CRTD, die die Binnenschiffe bei der Definition des Beförderers mit dem Ver-
kehrsträger Straße gleichstellt, spricht für die Lösung der anderen drei Überein-
kommen insbesondere die leichtere Feststellbarkeit des Schiffseigentümers auf-
grund der vorhandenen Schiffsregister. Auch trifft das Merkmal der unmittelbaren
1422 sowie des wirtschaftlichen
Einwirkungsmöglichkeit während des Transports 1
Nutzens auf den Schiffseigentümer zu, so dass die Kanalisierung auf diesen bei
Transporten mit Binnen- und Seeschiffen die beste Lösung ist.
Bei den Verkehrsträgern Straße, Schiene und Luftverkehr ist die Bestimmung
des Haftpflichtigen nicht so eindeutig. Immerhin ist bei allen Regelungen der
betreffenden Übereinkommen die direkte Einwirkungsmöglichkeit des jeweils
Haftpflichtigen gegeben. So haftet nach der CRTD derjenige, der über die Ver-
wendung des Transportmittels bestimmt, während es nach dem RöHaftÜ auf die
1423 Lässt sich der jeweils Haftpflichtige nicht
tatsächliche Benutzung ankommt. 1
feststellen, wird auf den eingetragenen Halter oder Eigentümer zurückgegrif-
1424 Durch diese Auffangregelungen erfüllt sich auf zweiter Stufe also auch das
fen. 1
Kriterium der erleichterten Rechtsverfolgung durch leichte Feststellbarkeit. Als
einheitlicher Begriff sollte in einer Verordnung der Begriff des Beförderers ver-
wendet werden, der dann jeweils nach den Verkehrsträgern Straße, Schiene und
Luftverkehr noch genauer zu bestimmen ist.
Transporte von Kernmaterialien sind nicht mehr wie im Pariser Übereinkom-
men dem Verantwortungsbereich des Inhabers einer Kernanlage zu unterwerfen,
sondern entsprechend dem jeweils verwendeten Transportmittel dem Schiffsei-
gentümer oder Beförderer.
Die Verordnung sollte zudem eine Art. 6 Abs. 1 CRTD entsprechende Aus-
nahme-regelung von der Haftungskanalisierung für Be- und Entladevorgänge
aufnehmen. Finden diese ausschließlich auf alleinige Verantwortung des Versen-
ders oder Empfängers statt, soll die Haftung auf sie übergehen. Dabei sind Ver-
sender/Absender und Empfänger bereits im Wortlaut ausdrücklich als mögliche
haftpflichtige Personen zu nennen, um Unsicherheiten und damit verbundene
höhere Versicherungsprämien zu vermeiden.
Zur Schaffung eines einheitlichen und abschließenden Haftungssystems sowie
zur Vermeidung von Umgehungen sollte der Haftpflichtige allein nach den Be-
stimmungen der Verordnung haften. Auch ist die Geltendmachung von Scha-
densersatzansprüchen gegen Angestellte und Erfüllungsgehilfen des Haftpflichti-
gen von vornherein auszuschließen, es sei denn, sie handeln absichtlich oder be-
wusst leichtfertig. Dem Haftpflichtigen bleibt es selbstverständlich unbenommen,
im Innenverhältnis Regress bei den anderen Schadensverursachern zu nehmen.
1422 Siehe 2. Teil B II 1, E II 2 a).
1423 Siehe 2. Teil A II 1, 3 a), D II 1, 3 a).
1424 Siehe 2. Teil A II 3 a), D II 3 a).

