Page 66 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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42                                    2 Teil: Internationale Haftungsregelungen

                        5. Haftungsumfang
                        Das HNS-Übereinkommen erstreckt sich auf Verschmutzungsschäden und Kos-
                        ten von Schutzmaßnahmen, ebenso wie auf Personen- und Sachschäden,
                        Art. 1 Abs. 6 HNS-Übereinkommen. Denn der Transport von HNS-Stoffen birgt
                        neben der Verschmutzungsgefahr weitere Gefahren (z.B. Feuer und Explosion),
                        welche  derartige Schäden  verursachen  können. Allerdings ist die  Gefährdung
                        Dritter auf See wesentlich geringer als bei Landtransporten, da im Wesentlichen
                        nur die Hafenstädte gefährdet sind, und große Drittschäden daher eher unwahr-
                        scheinlich sind. 1
                                     180
                           Erfasst werden immer nur Schäden, welche kausal auf die Gefährlichkeit oder
                        Schädlichkeit der Stoffe zurückzuführen sind. Der Haftungsumfang erschließt sich
                        wie schon  bei der CRTD  aus den in Art. 1  HNS-Übereinkommen enthaltenen
                        Definitionen der Begriffe „Schaden“, „Schutzmaßnahmen“ und „Ereignis“.


                        a) Personenschäden
                        Ersetzt werden die durch Tod oder Körperverletzung erlittenen Personenschäden,
                        die an  Bord  oder außerhalb des die gefährlichen und schädlichen  Stoffe  beför-
                        dernden Schiffes durch diese Stoffe  verursacht werden.  Davon ausgenommen
                        sind allerdings vertragliche Ansprüche  nach  Art. 4 Abs. 1 und 2  HNS-
                        Übereinkommen, so dass letztlich nur Personenschäden unbeteiligter Dritter er-
                        setzt werden.
                           Einzelheiten wie Art, Berechnung und Höhe des Schadensersatzes sowie die
                        Frage, welche Schadensposten  ersetzt werden, lässt das HNS-Übereinkommen
                        offen. Hinsichtlich dieser Fragen muss also auf nationales Recht zurückgegriffen
                        werden, das nach den Regeln des internationalen Privatrechts zu ermitteln ist.
                           Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich - wie bereits bei der CRTD erörtert -
                        aus dem Fehlen einer Schmerzensgeldregelung im Übereinkommen selbst. 1
                                                                                       181
                           Durch unterschiedliche Auslegung des Schadensbegriffs nach  nationalem
                        Recht ergeben sich  zwangsläufig Divergenzen. Diese hat man bereits bei den
                        Überlegungen zum Ölhaftungsübereinkommen  erkannt, aber für hinnehmbar
                        befunden, da eine Einigung sonst nicht möglich gewesen wäre. 1
                                                                             182

                        b) Sachschäden
                        Erstattungsfähig sind ferner Verluste  oder Beschädigungen von Sachen, die  au-
                        ßerhalb des die gefährlichen und schädlichen Stoffe befördernden Schiffes verur-
                        sacht werden. Bis auf die Klarstellung in Art. 1 Abs. 6 lit. c) und d), dass Umwelt-


                        180  Herber, TranspR 1987, 253 (261 f.).
                        181  Siehe 2. Teil A II 5 a).
                        182  Herber, RabelsZ 1970, 223 (236).
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