Page 68 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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44 2 Teil: Internationale Haftungsregelungen
und 50.000 BRZ erhöht sich dieser Betrag um je 1.500 SZR je zusätzliche BRZ
und für noch größere Schiffe um je 360 SZR pro BRZ bis zu einem Maximalhaf-
tungsbetrag von 100 Millionen SZR, der von einem Seeschiff mit 100.004 BRZ
erreicht wird, Art. 9 Abs. 1 lit. b) HNS-Übereinkommen.
Im HNS-Übereinkommen gelten, ebenso wie im Ölhaftungsübereinkom-
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men 1 , die Haftungshöchstsummen pro Schadensereignis und richten sich nach
der Größe des Schiffes. In der Tradition früherer Haftungsbeschränkungssyste-
me 1 ging man davon aus, dass ein größeres Schiff im Schiffsverkehr auch ein
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größeres Betriebsrisiko darstellt als ein kleineres Schiff. 1 Allerdings sagt die Grö-
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ße eines Schiffes nichts über dessen tatsächliche Auslastung aus. Überdies trifft
die Annahme, das Betriebsrisiko steige mit der Größe des Schiffes, bei Gefahrgut-
transporten nur bedingt zu, da Gefahrgutschäden in erster Linie nicht von der
Menge, sondern vielmehr von der besonderen Gefährlichkeit und Schädlichkeit
der auch in kleineren Mengen beförderten Stoffe und deren Verpackung abhän-
gen. 1
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Andererseits ist es nur sehr schwer möglich, die Gefährlichkeit und Schädlich-
keit der einzelnen Stoffe nach Gefahrenklassen einzuschätzen und den daraus
resultierenden möglichen Schadensumfang zu berechnen, insbesondere dann,
wenn verschiedene Stoffe zusammen transportiert werden. Um diesen Schwierig-
keiten aus dem Weg zu gehen, einigte man sich, der Einfachheit halber auf die
Größe der Schiffe abzustellen.
Bei der Bestimmung der Haftungshöchstsummen wird überdies nicht, wie in
der CRTD, zwischen Personenschäden und den anderen Schadensarten differen-
ziert. Das mag zum einen daran liegen, dass sich die Autoren des HNS-
Übereinkommens primär am Ölhaftungsübereinkommen orientiert haben, wel-
ches keine Differenzierung vorsieht. Denkbar ist aber auch, dass man eine Diffe-
renzierung als überflüssig angesehen hat, da auf hoher See Personenschäden eher
selten vorkommen und deshalb sich die Höchstsummen vor allem an den zu er-
wartenden höheren Verschmutzungsschäden orientieren.
Ansprüche wegen Personenschäden werden dennoch gegenüber anderen An-
sprüchen privilegiert, denn nach Art. 11 HNS-Übereinkommen haben sie bis zur
Höhe von zwei Dritteln des Haftungshöchstbetrages Vorrang vor allen anderen
Ansprüchen.
Anders als die CRTD legten die Verfasser des HNS-Übereinkommens nach
dem Vorbild des Ölhaftungsübereinkommens eine Haftungsobergrenze in Höhe
von 100 Millionen Rechnungseinheiten fest, was umgerechnet zurzeit einem Wert
Übereinkommen von 1969 enthaltenen Bestimmungen über die Vermessung des Raumgehalts
errechnet wird.
186 Art. V Abs. 1 Ölhaftungsübereinkommen.
187 Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung von Seeforderungen und Ölhaf-
tungsübereinkommen von 1969.
188 Vgl. Ausführungen von Herber zum Ölhaftungsübereinkommen in RabelsZ 1970, 223 (242).
189 Siehe die Ausführungen zur CRTD im 2. Teil A II 6 a).