Page 68 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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                        und 50.000 BRZ erhöht sich dieser Betrag um je 1.500 SZR je zusätzliche BRZ
                        und für noch größere Schiffe um je 360 SZR pro BRZ bis zu einem Maximalhaf-
                        tungsbetrag von 100 Millionen SZR, der von einem Seeschiff mit 100.004 BRZ
                        erreicht wird, Art. 9 Abs. 1 lit. b) HNS-Übereinkommen.
                           Im HNS-Übereinkommen gelten, ebenso wie im Ölhaftungsübereinkom-
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                        men 1 , die Haftungshöchstsummen pro Schadensereignis und richten sich nach
                        der Größe des Schiffes. In der Tradition früherer Haftungsbeschränkungssyste-
                        me 1  ging man davon aus, dass ein größeres Schiff im Schiffsverkehr auch ein
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                        größeres Betriebsrisiko darstellt als ein kleineres Schiff. 1  Allerdings sagt die Grö-
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                        ße eines Schiffes nichts über dessen tatsächliche Auslastung aus. Überdies trifft
                        die Annahme, das Betriebsrisiko steige mit der Größe des Schiffes, bei Gefahrgut-
                        transporten nur bedingt zu, da Gefahrgutschäden in  erster Linie nicht von der
                        Menge, sondern vielmehr von der besonderen Gefährlichkeit und Schädlichkeit
                        der auch in kleineren Mengen beförderten Stoffe und deren Verpackung abhän-
                        gen. 1
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                           Andererseits ist es nur sehr schwer möglich, die Gefährlichkeit und Schädlich-
                        keit der einzelnen Stoffe nach Gefahrenklassen einzuschätzen und den daraus
                        resultierenden möglichen  Schadensumfang zu  berechnen, insbesondere dann,
                        wenn verschiedene Stoffe zusammen transportiert werden. Um diesen Schwierig-
                        keiten aus dem Weg zu gehen, einigte man sich, der Einfachheit halber auf die
                        Größe der Schiffe abzustellen.
                           Bei der Bestimmung der Haftungshöchstsummen wird überdies nicht, wie in
                        der CRTD, zwischen Personenschäden und den anderen Schadensarten differen-
                        ziert. Das  mag zum  einen daran liegen, dass sich die Autoren des HNS-
                        Übereinkommens  primär  am Ölhaftungsübereinkommen orientiert haben, wel-
                        ches keine Differenzierung vorsieht. Denkbar ist aber auch, dass man eine Diffe-
                        renzierung als überflüssig angesehen hat, da auf hoher See Personenschäden eher
                        selten vorkommen und deshalb sich die Höchstsummen vor allem an den zu er-
                        wartenden höheren Verschmutzungsschäden orientieren.
                           Ansprüche wegen Personenschäden werden dennoch gegenüber anderen An-
                        sprüchen privilegiert, denn nach Art. 11 HNS-Übereinkommen haben sie bis zur
                        Höhe von zwei Dritteln des Haftungshöchstbetrages Vorrang vor allen anderen
                        Ansprüchen.
                           Anders als die CRTD legten die Verfasser des HNS-Übereinkommens nach
                        dem Vorbild des Ölhaftungsübereinkommens eine Haftungsobergrenze in Höhe
                        von 100 Millionen Rechnungseinheiten fest, was umgerechnet zurzeit einem Wert

                           Übereinkommen von 1969 enthaltenen Bestimmungen über die Vermessung des Raumgehalts
                           errechnet wird.
                        186  Art. V Abs. 1 Ölhaftungsübereinkommen.
                        187  Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung von Seeforderungen und Ölhaf-
                           tungsübereinkommen von 1969.
                        188  Vgl. Ausführungen von Herber zum Ölhaftungsübereinkommen in RabelsZ 1970, 223 (242).
                        189  Siehe die Ausführungen zur CRTD im 2. Teil A II 6 a).
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