Page 81 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
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2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 57
fen zuständigen Behörde (Art. 6 Abs. 1 lit. c) CRDNI-Entwurf), Ladevorgänge
auf alleinige Verantwortung des Verladers oder Empfängers (Art. 6 Abs. 1 lit. d)
CRDNI-Entwurf) und Handlung oder Unterlassung der geschädigten Person
(Art. 6 Abs. 2 CRDNI-Entwurf).
Die Handlung oder Unterlassung eines Dritten befreit den Eigentümer nicht
nur dann von seiner Haftung, wenn der Dritte in Schädigungsabsicht gehandelt
hat, sondern auch dann, wenn dieser leichtfertig und in dem Bewusstsein gehan-
delt hat, dass ein Schaden wahrscheinlich eintreten wird. Durch diese Formulie-
rung wird der Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestands abweichend von der
entsprechenden Regelung in der CRTD und dem HNS-Übereinkommen von den
typischen Terroranschlägen auf das Mitverschulden eines Dritten durch bewusst
leichtfertige Handlungen oder Unterlassungen erweitert.
Für die übrigen Haftungsausschlusstatbestände kann auf die Ausführungen zu
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der CRTD und dem HNS-Übereinkommen verwiesen werden. 2 Auffällig ist
allerdings, dass die Unkenntnis von der Schädlichkeit und Gefährlichkeit der ver-
ladenen Stoffe in dem CRDNI-Entwurf abweichend von der CRTD und dem
HNS-Übereinkommen keinen Haftungsausschlussgrund darstellt.
Art. 9 Abs. 1 CRDNI-Entwurf bestimmt lediglich, dass der Absender oder
Verlader schädlicher oder gefährlicher Stoffe dem Eigentümer vollen Ersatz für
die von ihm zu zahlenden Schadensersatzansprüche einschließlich der Verfah-
renskosten leisten muss, wenn er seiner Informationspflicht über die Schädlichkeit
und Gefährlichkeit der verladenen Güter nicht nachgekommen ist.
Im Außenverhältnis haftet somit anders als bei der CRTD weiterhin allein der
Eigentümer. Das Prinzip der Haftungskanalisierung wird nicht durchbrochen. Der
Eigentümer hat lediglich einen Ersatzanspruch gegen den Absender oder Verla-
der.
4. Haftungsumfang
Der Haftungsumfang ergibt sich aus den einzelnen Definitionen der vier Scha-
densarten sowie den Definitionen von „Schutzmaßnahmen“ und „Ereignis“ in
Art. 1 CRDNI-Entwurf.
Bei der Umschreibung von Sachschäden sind nach dem CRDNI-Entwurf nur
die Schäden, die außerhalb des die schädlichen und gefährlichen Stoffe befördern-
den Schiffes entstanden sind, erfasst. Davon wiederum ausgeschlossen sind die
Schäden, die an anderen Schiffen oder an Sachen an Bord dieser Schiffe entstan-
den sind, wenn diese anderen Schiffe einen Teil eines Schleppzuges bilden oder
fest mit dem Gefahrguttransportschiff in einer Einheit gekoppelt sind.
222 Siehe 2. Teil A II 4 und B II 4.