Page 101 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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4.3 • Grundrechte und allgemeine Rechtsgrundsätze
den (C-283/11, Sky Österreich, Rn. 42 f.). Eigentum im Sinne
von Art. 17 I GrCh sind alle vermögenswerten Rechte, aus
denen sich eine gesicherte Rechtsposition ergibt, die eine
selbstständige Rechtsausübung ermöglicht. Kaufmännische
Interessen oder Aussichten sind nicht erfasst (C-283/11, Sky
Österreich, Rn. 34). Art. 17 II GrCh schützt das geistige Ei-
gentum (C-360/10, Sabam, Rn. 41 ff.). Abzugrenzen ist der
Eigentumsschutz von Art. 345 AEUV, der keine subjektive
Rechtsstellung schafft.
Im folgenden Titel III werden die Gleichheitsrechte aufge-
zählt. Die Prüfung eines Gleichheitsrechts erfolgt vergleichbar
der deutschen Grundrechtsdogmatik, zuerst ist bei belasten-
den hoheitlichen Maßnahmen eine Vergleichsgruppe zu bil-
den, da sachlich gleiche Fälle nicht ungleich behandelt wer-
den dürfen (und ungleiche nicht gleich), anschließend ist der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf der Rechtfertigungsebene
zu untersuchen. Erfasst werden unmittelbare und mittelbare
Unterscheidungen, zu beachten sind auch die Art. 18, 19 und
157 AEUV (s. C-236/09, Association Belge, Rn. 17 ff.).
Art. 18 AEUV – Diskriminierungsverbot
Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem
Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit verboten. […]
Das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV ist für die Strukturprinzip der EU
Union ein Strukturprinzip. Es betrifft die Mitgliedstaaten
insoweit, als sie im Rahmen der Anwendbarkeit des Unions-
rechts beispielsweise nicht eigene Staatsangehörige, Unter-
nehmen oder Waren durch innerstaatliche Regelungen bevor-
zugen dürfen. Die Unionsorgane sind aber natürlich auch an
Art. 18 AEUV gebunden (Sotgiu, Slg. 1974, 153). Berechtigte
sind die Angehörigen und juristischen Personen anderer MS,
aber nicht Angehörige von Drittländern.
Die Norm gilt aber nur in den Bereichen, in denen die Inländerdiskriminierung
EU Aufgaben wahrnimmt, weswegen der Anwendungsbereich
der Verträge eröffnet sein muss (Cowan, Slg. 1989, 195). Ist
ein Lebenssachverhalt in keiner Weise vom EU-Recht erfasst,
so greift das Unionsrecht nicht und es ist den Mitgliedstaa-
ten zumindest unionsrechtlich nicht verboten, ihre eigenen
Bürger besser zu behandeln als Bürger anderer Mitgliedstaa-
ten. Ebenfalls nicht von Art. 18 AEUV erfasst ist der Fall der
sog. Inländerdiskriminierung. Das bedeutet, dass die eigenen
Staatsbürger schlechter behandelt werden als EU-Ausländer.
Das ist nach dem EUV/AEUV nicht unzulässig (Morson, Slg.
1982, 3723). Davon zu differenzieren ist die Frage, ob eine In-