Page 120 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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114 Kapitel 4 • Die Europäische Union
ist in mehreren Arten möglich. Mit dieser Materie befasst
sich ausführlich der Komitologie-Beschluss des Rates vom
13.7.1987 und das EuGH-Urteil Komitologie, Slg. 1988, 5615.
2 Nunmehr gilt der Komitologie-Beschluss in stark veränderter
Form (ABl. 2006 L 255/4).
Art. 16 EUV – Zusammensetzung und Vorsitz
4 (2) Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf
Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaats
verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben. […]
(9) Der Vorsitz im Rat in allen seinen Zusammensetzungen mit
Ausnahme des Rates Auswärtige Angelegenheiten wird von den
Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat unter Bedingungen, die
gemäß Artikel 236 AEUV festgelegt werden, nach einem System
der gleichberechtigten Rotation wahrgenommen.
Ministerebene und parlamen- Nach der Erweiterung besteht der Rat derzeit aus 28 Mitglie-
tarische Staatssekretäre dern. Die Formulierung „auf Ministerebene“ ermöglicht es
der Bundesrepublik, dass sie sich auch von Länderministern
vertreten lassen kann. Problematisch ist die Entsendung par-
lamentarischer Staatssekretäre. Sie sind keine Regierungsmit-
glieder im eigentlichen Sinne, dennoch nahmen sie bereits seit
Anbeginn der Gemeinschaft an den Sitzungen als Repräsen-
2 tanten teil. Rechtliche Grundlage hierfür war eine gemeinsame
Protokollerklärung des Rates, die zu internem Gewohnheits-
recht der Union erstarkte (Achtung: externes Gewohnheits-
2 recht gegenüber den MS ist nicht möglich!). Nunmehr sind
sie in Anhang I GO-Rat ausdrücklich für die Ratsformation
2 Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen genannt
und folglich anerkannt, dies gilt im Analogieschluss dann auch
für die anderen Ratszusammensetzungen.
2 Verschiedene Ministerräte Je nach Sujet der Tagesordnung kommen zur Ministerrats-
tagung die Agrarminister, die Umweltminister, die Finanzmi-
2 nister oder andere Fachminister zusammen, insgesamt gibt es
neun Zusammensetzungen. Art. 16 VI EUV erwähnt beson-
2 ders die Ratszusammensetzungen „Allgemeine Angelegenhei-
ten“ und „Auswärtige Angelegenheiten“ wegen ihrer heraus-
gehobenen Stellung für die weitere Entwicklung der EU. Der
2 Ministerrat ist zwar ein Unionsorgan und keine Konferenz von
Regierungsvertretern, aber hier kommen die Interessen der
2 Mitgliedstaaten voll zur Geltung; es wird verhandelt, gezerrt
und gestritten.
Der Rat ist das Hauptrechtsetzungsorgan der EU. Die Mi-
2 nister schaffen durch ihre Beschlüsse sekundäres Unionsrecht.
Sekundäres Unionsrecht ist das von den Verträgen abgeleitete
Recht, d. h. das nach deren Vorschriften erlassene. Die Verträge