Page 121 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          4.5  •  Organe der Union


          selbst und die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts
          werden dagegen als Primärrecht bezeichnet.
            Die Minister sind bei ihren Beschlüssen nicht an irgend-  Keine EU-rechtliche Bindung
          welche mitgliedstaatlichen Rechte gebunden, sondern nur an   der Ratsmitglieder an staat-
          das Unionsrecht; d. h. das nach innen gerichtete Unionsrecht   liche Vorgaben
          und Bindungen der EU nach außen. Im Verhältnis zu ihren
          Regierungen sind die Mitglieder des Ministerrates nur durch
          Weisungen über ihr Abstimmungs- und Verhandlungsverhal-
          ten gebunden. Diese Bindung ist aber politischer, nicht recht-
          licher Natur.
            Der alle sechs Monate rotierende Vorsitz gemäß Art. 16 IX
          EUV hat die Aufgabe, die Sitzungen des Rates vorzubereiten
          und zu leiten. Als primus inter pares kommt ihm keine heraus-
          gehobene Stellung zu, er ist nur eins von mehreren Ratsmit-
          gliedern, allerdings kommt ihm bei der Kompromisssuche eine
          herausgehobene Stellung zu. Die Sitzungen des Rates waren bis
          zum Inkrafttreten des VvL nicht öffentlich. Dies war und ist
          im Hinblick auf die Schaffung größerer Transparenz der EU
          bedauerlich. Nunmehr schreibt Art. 16 VIII EUV zumindest
          die öffentliche Tagung bei der Beratung und Abstimmung über
          Gesetzentwürfen vor.


            Art. 237 AEUV – Einberufung
            Der Rat wird von seinem Präsidenten aus eigenem Entschluss
            oder auf Antrag eines seiner Mitglieder oder der Kommission
            einberufen.


          Die Präsidentschaft spielt eine erhebliche Rolle für den Minis-
          terrat. Sie wechselt alle sechs Monate, nach einer festgelegten
          Reihenfolge am 1. Januar und 1. Juli jeden Jahres. Die Präsident-
          schaft war und ist stets mit einer gewichtigen politischen Rolle
          verbunden. Es besteht eine gute Möglichkeit, Initiativen im Rat
          und damit in der gesamten EU anzuschieben. Seit dem Bestehen
          der EPZ bis zum Inkrafttreten des VvL übernahm immer der je-
          weilige Ministerratspräsident auch den Vorsitz des Europäischen
          Rates. Durch die Schaffung des Präsidenten des Europäischen
          Rates mit einer Mindestamtszeit von 2 ½ Jahren soll mehr Kon-
          tinuität in die politische Arbeit der EU gebracht werden.
            Ferner unterzeichnet der Vorsitz die Rechtsakte des Rates
          nach Art. 297 I AEUV und vertritt den Rat in den Außenbe-
          ziehungen (Art. 218 AEUV).

                                                            Beschlussfassung im Rat der
            Art. 16 III EUV – Beschlussfassung; Mehrheiten
                                                                            Union
            (3) Soweit in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist, be-
            schließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.
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