Page 128 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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122 Kapitel 4 • Die Europäische Union
Die Zahl der Kommissare entspricht weiterhin der Anzahl der
Mitgliedstaaten, da die MS ein großes politisches Interesse an
einem Staatsangehörigen im Organ Kommission haben.
2 Ernennungsverfahren Das Verfahren zur Ernennung der Kommission gliedert
sich nach Art. 17 VII EUV in vier Schritte. Zuerst wird der
Präsident der Kommission auf Vorschlag des Europäischen
Rates vom EP mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt.
Fällt der Kandidat durch, ist vom Europäischen Rat innerhalb
4 eines Monats mit qualifizierter Mehrheit ein neuer Kandidat zu
bestimmen, der vom EP nach dem gleichen Verfahren gewählt
werden muss. Die Zustimmung des EP soll einen Vertrauens-
beweis darstellen. Dann nimmt der Rat im Einvernehmen
mit dem Präsidenten auf Vorschlag der Mitgliedstaaten die
Liste der anderen Kommissionsmitglieder an, die sich als Ge-
samtheit einem Zustimmungsvotum des EP stellen. In einem
letzten Schritt wird die neue Kommission mit qualifizierter
Mehrheit vom Europäischen Rat ernannt.
Die Ernennung ist für einen Zeitraum von fünf Jahren
vorgesehen. Die Nominierung der Personen und die Vertei-
lung der Ressorts kann dabei durchaus zu Spannungen füh-
ren. Das Parlament kann gegen die Kommission als Ganzes
ein Misstrauensvotum abgeben (Art. 234 AEUV). Entgegen
dem Wortlaut von Art. 17 III EUV werden die Mitglieder der
Kommission häufig nicht aufgrund ihrer allgemeinen Befähi-
2 gung und ihres Einsatzes für Europa ausgewählt sondern nach
den Partikularinteressen der sie nominierenden Regierungen.
Die Kommission ist unabhängig von den MS; die Kom-
2 missare sind keine Staatenvertreter. Sie sollen lediglich An-
regungen ihrer Mitgliedstaaten mitbringen. Diese Rechtslage
2 stimmt allerdings leider nicht immer mit der Praxis überein.
Bisweilen versuchen einzelne Kommissare, staatliche Politik in
der Kommission umzusetzen.
2 Jedem Kommissionsmitglied kommt ein eigener Geschäfts-
bereich, also ein umrissener Aufgabenbereich der Union, für
2 den es zuständig ist, zu. Einen solchen zu finden ist bei 28 MS
nicht immer einfach. Jeder Kommissar hat ein ihn unterstüt-
2 zendes Kabinett und einen Verwaltungschef. Der Verwaltungs-
apparat der Kommission hat keine eigenen Kompetenzen, er ist
lediglich ein Zuarbeiter, wenngleich ein unersetzlicher. In der
2 Kommission arbeiten etwa 23.000 Personen, die ausschließlich
im Dienste der Union stehen. Die Arbeitsverhältnisse bestim-
2 men sich nach dem sog. „Beamtenstatut“. Zuständig für arbeits-
rechtliche Streitigkeiten ist das Gericht für den öffentlichen
Dienst (EUGöD). Sitz der Kommission ist Brüssel.
2 Aufgaben des KOM-Präsi- Der Kommissionspräsident übt gemäß Art. 17 VI EUV
denten die politische Führung der Kommission aus, die interne Or-
ganisation der Kommission liegt in seiner Hand. Diese muss