Page 134 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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128 Kapitel 4 • Die Europäische Union
und Unparteilichkeit einen mit einer ausführlichen Begrün-
dung versehenen Schlussantrag ab, der Sachstand und Rechts-
lage des Falles enthält.
2 Diese Schlussanträge sind juristisch meist weit ausführli-
cher als die Urteile selbst, da diese bisweilen nur kursorisch und
ohne juristisch ergiebig zu sein die anfallenden Probleme einer
Rechtssache abhandeln. Die Generalanwälte dagegen geben ein
Gutachten ab, das für das Gericht oft richtungweisend ist, ent-
4 scheiden de facto jedoch nichts. Die Schlussanträge sind bei den
Urteilen zu finden. Historisch stammt die Institution „General-
anwalt“ aus der französischen Rechtstradition, die aber auch im
deutschen Recht vereinzelt ihren Niederschlag gefunden hat,
z. B. in der bayerischen Landesanwaltschaft, s. auch § 36 VwGO.
Art. 253 AEUV – Ernennung der Richter
und Generalanwälte; Amtszeit
Zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs sind Persön-
lichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit
bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen
Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von
anerkannt hervorragender Befähigung sind; sie werden von den
Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einverneh-
men nach Anhörung des in Artikel 255 genannten Ausschusses
auf sechs Jahre ernannt.
Alle drei Jahre findet […] eine teilweise Neubesetzung der Stellen
2 der Richter und Generalanwälte statt.
Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts-
hofs für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.
2 Die Wiederernennung ausscheidender Richter und Generalan-
wälte ist zulässig.
Der Gerichtshof ernennt einen Kanzler und bestimmt dessen
2 Stellung.
Der Gerichtshof erlässt seine Verfahrensordnung. Sie bedarf der
Genehmigung des Rates.
2
2 Ernennung muss im gegen- Richter und Generalanwälte werden im gegenseitigen Ein-
seitigen Einvernehmen vernehmen von den MS ernannt. Im gegenseitigen Einver-
2 geschehen. nehmen bedeutet, dass ein einstimmiger Beschluss der im
Rat vereinigten Vertreter der MS vorliegen muss, damit ein
Richter oder Generalanwalt ernannt werden kann. Neu ist der
2 Bewerberprüfungsausschuss, welcher die Einhaltung der in
Art. 253 AEUV genannten qualitativen Voraussetzungen über-
2 wachen soll. Der Ausschuss kann jedoch nur eine Stellung-
nahme zu einer vorgeschlagenen Person abgeben, die Wahl
verhindern kann er nicht. Aufgrund der vielfältigen und häufig
2 komplizierten Rechtssachen ist die Einsetzung eines Überwa-
chungsausschusses zur Sicherung der hohen Rechtsprechungs-
qualität der europäischen Gerichte sehr zu begrüßen.