Page 187 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6.4 • Der freie Warenverkehr
und werden als solche an den Grenzen erhoben. Sie betref-
fen nur und spezifisch eingeführte Waren (Variola, Slg. 1973,
981). Demgegenüber sind die inländischen Abgaben des
Art. 110 AEUV solche, die systematisch sämtliche inländi-
schen und eingeführten Waren gleichermaßen betreffen (Rewe,
Slg. 1973, 1039). Ein gutes Beispiel hierfür ist die Mehrwert-
steuer. Sie wird erst dann erhoben, wenn die Waren schon „im
Staat“ sind.
Art. 110 AEUV – Gleiche Abgaben für in-
und ausländische Waren
Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitglied-
staaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische
Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren
unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben.
Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitglied-
staaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere
Produktionen mittelbar zu schützen.
Bei Art. 110 I AEUV ist die Gefahr der (versteckten) Dis- Gleichartige Produkte
kriminierung von importierten Produkten besonders groß.
Entscheidendes Tatbestandsmerkmal der Vorschrift ist das
der „Gleichartigkeit“. Dieser Begriff wird weit ausgelegt. Ent-
scheidend ist, dass die in- und ausländischen Produkte aus der
Sicht des Verbrauchers gleiche Eigenschaften haben und den
gleichen Bedürfnissen dienen (Whiskey, Slg. 1980, 347).
Falls die Gleichartigkeit nicht gegeben ist, ist immer noch Miteinander im Wettbewerb
die Schutzvorschrift des Art. 110 II AEUV zu prüfen, die dann stehen
eingreifen kann. Nach Art. 110 II AEUV wird eine Gleich-
artigkeit der in- und ausländischen Produkte nicht verlangt,
sondern nur, dass sie miteinander mittelbar oder potentiell im
Wettbewerb stehen (Whiskey, s. o.).
Wichtig ist auch, dass Art. 110 AEUV eine Spezialvorschrift
gegenüber den Art. 34, 18 AEUV darstellt. Insoweit ist er in
der Prüfungsreihenfolge vorher anzusprechen. Art. 110 AEUV
soll die Abgabengleichheit für aus- und inländische Waren im
Hinblick auf inländische Normen gewährleisten (Hansen &
Balle, Slg. 1978, 1787).
6.4.2 Der gemeinsame Zolltarif
Im Verhältnis zu Drittstaaten werden Zölle und Abgaben glei- GZT
cher Wirkung erhoben. Ihre Ausgestaltung ist durch den sog.
„Gemeinsamen Zolltarif“ (GZT) geregelt, den Art. 31 AEUV
vorschreibt; die Vorschrift ergänzt Art. 207 AEUV. Der GZT