Page 219 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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          6.7  •  Kapital- und Zahlungsverkehr


            Problematisch sind die staatlichen Regelungen, die meh-
          rere Grundfreiheiten betreffen, weil die Ausnahmeregelungen
          der verschiedenen Grundfreiheiten unterschiedlich ausgestal-
          tet sind.
            Zuerst ist festzustellen, dass die Kapitalverkehrsfreiheit   Verhältnis zu anderen Grund-
          Vorrang vor der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 58 II AEUV    freiheiten
          und vor der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 II AEUV ge-
          nießt. Letztere kann allerdings unter den Voraussetzungen des
          Art. 65 II AEUV ihrerseits wieder von der Niederlassungsfrei-
          heit eingeschränkt werden.
            Ansonsten ist darauf abzustellen, welche Freiheit dem Re-
          gelungsgehalt der staatlichen Maßnahme am nächsten steht,
          ob es sich also schwerpunktmäßig um eine Dienstleistung oder
          um einen Kapitaltransfer handelt.
            Art. 63 AEUV verbietet alle Beschränkungen des Kapi-  Umfang der Gewährleistung
          tal- und Zahlungsverkehrs. Beschränkungen sind staatliche   Beschränkungsverbot
          Maßnahmen, die finanzielle Transaktionen in einen ande-
          ren Mitgliedstaat anderen Regelungen unterwerfen als für
          sie innerhalb eines Mitgliedstaates gelten. Beispiel: Geneh-
          migung für internationale Transaktionen (Sanz de Lera, Slg.
          1995, I-4821).
            Die Freiheit gilt sowohl gegenüber Mitgliedstaaten als auch   Sekundärrechtliche Präzi-
          gegenüber Drittländern (Erga-omnes-Prinzip). Ursprünglich   sierung ist nicht mehr erfor-
          war die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit im AEUV nicht      derlich.
          als Verpflichtung ausgebildet, so dass sie zu ihrer Durchset-
          zung sekundärrechtlicher Präzisierung, wie z. B. durch die
          oben genannte RL, bedurfte. Jedoch ist eine unvollkommene
          Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit mit der Schaffung ei-
          ner Wirtschafts- und Währungsunion nicht verträglich. Aus
          diesem Grund wurde die Freiheit jetzt durch die Änderungen
          des EGV durch den Vertrag von Maastricht und den Vertrag
          von Amsterdam gestärkt und den anderen Freiheiten in ihrem
          Wirkungsgrad angeglichen. Dies wurde vom VvL übernom-
          men und in den AEUV überführt.
            Verboten sind alle Beschränkungen, d. h. sowohl die direk-
          ten, devisenrechtlichen Beschränkungen als auch alle indirek-
          ten. Die Vorschrift will folglich den Abbau aller Restriktionen
          des freien Kapitalverkehrs erreichen und ist insoweit ähnlich
          auszulegen, wie der EuGH es für die Warenverkehrsfreiheit
          in den Urteilen Dassonville und Cassis de Dijon getan hat.
          Zu beachten ist auch noch, dass über Art. 65 II AEUV die
          Art. 51 und 52 AEUV auch im Bereich des Kapitalverkehrs
          anwendbar sind.
            Zur Rechtfertigung des VW-Gesetzes hatte sich die Bun-
          desrepublik auf den Schutz der Arbeitnehmerinteressen und
          der Minderheitenaktionäre berufen. Dies hat den EuGH nicht
          überzeugt, da Dtld. nicht dargelegt habe, wie dies durch eine
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