Page 240 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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234 Kapitel 6 • Materielles Recht und Rechtsschutz in der EU
308/46; EuG: Slg. 1999, II-3663; EuGH: Slg. 2000, I-6857). Die
Vorschrift kann durch Ratsbeschluss außer Kraft gesetzt wer-
den. Bei der Anwendung der in Art. 107 III AEUV genannten
2 Gründe kommt der Kommission ein weites Ermessen zu.
Notifizierungspflicht Gemäß der in Art. 108 I AEUV enthaltenen Notifizie-
rungspflicht sind alle Beihilfen bei der Kommission zu no-
tifizieren. Von dieser Regel sind – ähnlich wie beim Kartell-
verbot – bestimmte Gruppen von Beihilfen aufgrund der
allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung ausgenommen
(VO 651/2014, ABl. 2014L 187/1). Das Beihilfenverbot wird
nach Art. 108 II AEUV von der Kommission ausgesprochen,
der Rat kann einstimmig eine Beihilfe für rechtmäßig erklären,
6 Art. 108 II UAbs. 2 AEUV. Die Einzelheiten des Verfahrens
der Kommission sind in einer Verordnung niedergelegt (VO
734/2013, ABl. 2013L 204/15). Art. 108 III 1, 3 AEUV sind
unmittelbar anwendbar. Bis zur Genehmigung durch die Kom-
mission ist die Beihilfengewährung als rechtswidrig anzusehen.
Konkurrentenklage Prozessual gilt, dass ein Betroffener oder ein Konkurrent
nach Art. 263 IV AEUV bei einer Beihilfengenehmigung
durch die Kommission Klage vor dem EuGH erheben kann
(Sytraval, Slg. 1998, I-1719). National ist es dem Wettbewer-
ber möglich, eine Konkurrentenklage zu erheben (Saumon,
Slg. 1991, I-5505). Der Konkurrent kann sich im Wege einer
Anfechtungs- oder negativen Feststellungsklage gegen den Bei-
2 hilfenbewilligungsbescheid wenden, wenn die Beihilfe nicht
bei der Kommission notifiziert wurde. In diesem Fall hat er das
aus Art. 108 III 3 AEUV folgende subjektive „Recht auf Wett-
2 bewerb“ und wäre für eine solche Klage klagebefugt (§ 42 II
VwGO) oder hätte ein Feststellungsinteresse. Letztlich hat der
2 Wettbewerber auch einen Unterlassungs- oder Schadensersatz-
anspruch aus § 1 UWG.
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6.9.5 Die Wirtschafts- und Währungspolitik
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Über all dem Vorhergegangenen spannt sich eine allgemeine
2 wirtschaftliche Zielsetzung: Die Wirtschaftspolitik der EU ist
in den Art. 119 ff. AEUV geregelt. Sie war vorher, mit Aus-
nahme der Außenwirtschaftspolitik, weitestgehend Sache der
2 MS. Die Art. 119 ff. AEUV schaffen die vertraglichen Grund-
lagen für die Errichtung einer umfassenden Wirtschaftsunion.
2 Die Wirtschaftsunion beinhaltet u. a. die Wahrung der of-
fenen Marktwirtschaft, des freien Wettbewerbs, der stabilen
Preise, der soliden öffentlichen Finanzen und der finanzierba-
2 ren Zahlungsbilanz. Die Zahlungsbilanz ergibt sich aus dem
Verhältnis aller wirtschaftlichen Transaktionen, die innerhalb
eines Zeitraums aus einem Staat herausfließen, zu denen, die