Page 245 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6.9 • Die weiteren Politiken der EU
Die EU hat bei der Ausführung der Handelspolitik einen wei-
ten Ermessensbereich, innerhalb dessen ihr im Rahmen der
unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit auch Maßnahmen
möglich sind, die den Drittländerhandel hemmen (Dürbeck,
Slg. 1981, 1119). Neu eingefügt durch den VvL wurde die Kom-
petenz für ausländischen Direktinvestitionen. Die Gestaltung
der Handelspolitik erfolgt nach Art. 207 AEUV.
Art. 207 AEUV – Durchführung der gemeinsamen
Handelspolitik
(1) Die gemeinsame Handelspolitik wird nach einheitlichen
Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für die Änderung
von Zollsätzen, den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen,
die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, und
für die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländi-
schen Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisie-
rungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik sowie die handelspoliti-
schen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping und
Subventionen. Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen
der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union
gestaltet. […]
Der Begriff der Handelspolitik umfasst nicht nur den Waren- Außenhandel
verkehr mit dritten Ländern, sondern auch den Handel mit Dienstleistungen
Dienstleistungen und die Handelsaspekte des geistigen Eigen-
tums. Dadurch wird klargestellt, dass alle drei Hauptverträge
der WTO, GATT, GATS und TRIPS, deren Mitglied die EU ist,
der ausschließlichen Kompetenz der Union unterfallen. Nach
Abs. 4 können auch Abkommen über den Handel mit kultu-
rellen und audiovisuellen Dienstleistungen und den Handel
mit Dienstleistungen des Sozial-, des Bildungs- und des Ge-
sundheitssektors schließen. Nicht umfasst ist der Personen-
verkehr, siehe auch Gutachten 1/94, WTO, Slg. 1994, I-5267.
Dienstleistungen sind nunmehr komplett der Handelspolitik
zuzurechnen, wenn sie eine grenzüberschreitende Erbrin-
gung von Dienstleistungen sind. Hier ist der Personenverkehr
mitumfasst. Geistiges Eigentum ist Handelspolitik, wenn es um
nachgeahmte Waren geht, ansonsten sind nur die handelsbe-
zogenen Aspekte erfasst.
Das Wort „insbesondere“ in Art. 207 I AEUV bedeutet,
dass die nachfolgende Aufzählung nur beispielhaft ist. Es kön-
nen also auch später noch weitere Themen in die Handelspo-
litik aufgenommen werden und damit in die Kompetenz der
EU übergehen.
Die EU hat insbesondere die Kompetenz für die Änderun-
gen der Zollsätze nach außen, den Abschluss von völkerrecht-
lichen Zoll- und Handelsabkommen mit dritten Staaten im