Page 257 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6.10 • Der Rechtsschutz gegen Unionsrecht
Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingun-
gen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder
sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie
gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar
betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen,
Klage erheben.
In den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen und sons-
tigen Stellen können besondere Bedingungen und Einzelheiten
für die Erhebung von Klagen von natürlichen oder juristischen
Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen und sonstigen
Stellen vorgesehen werden, die eine Rechtswirkung gegenüber
diesen Personen haben.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei
Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles
von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mit-
teilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem
Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis
erlangt hat.
Klagegegner können nur die in Absatz 1 genannten Organe Klagegegner
sein, welche den streitigen Rechtsakt erlassen haben.
Klagegegenstand ist jeder Akt eines Organs oder einer Klagegegenstand: jeder Akt
Einrichtung der Union mit Rechtswirkung gegenüber Drit- mit Rechtswirkung
ten. Lediglich feststellende Handlungen von EU-Organen
entfalten keine Rechtswirkungen (Irish Cement, Slg. 1988,
6502). Die privilegiert klagebefugten Organe können gemäß
Art. 263 II AEUV wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesent-
licher Formvorschriften, Vertragsverletzung, Verletzung von
Durchführungsnormen oder Ermessensmissbrauchs klagen.
Diese Rechtsfelder müssen sich aus einem Rechtsakt eines EU-
Organs oder einer Einrichtung ergeben.
Bei dieser Klageart ist vor allem wichtig, dass man zwi- Klagebefugnis
schen den privilegierten (Abs. 2) und nichtprivilegierten Unterscheidung zwischen
(Abs. 4) Klagebefugten unterscheidet. privilegierten und nichtprivile-
Die Systematik der Klageberechtigung stellt sich wie folgt
- Privilegiert klagebefugt sind die Mitgliedstaaten, Rat,
gierten Klägern
dar:
- die EZB und der Rechnungshof können nur wegen Ver-
Parlament und Kommission (Art. 263 II AEUV),
letzung eigener Rechte klagen (Art. 263 III AEUV) und
- nichtprivilegiert klagebefugt sind natürliche Perso-
sind damit teilprivilegiert,
nen (Menschen) und juristische Personen (die nach
EU-Recht oder nach den mitgliedstaatlichen Gesetzen
rechtsfähig sind, also in der Bundesrepublik Aktienge-
sellschaften, eingetragene Vereine, auch Gemeinden etc.),
Art. 263 IV AEUV.