Page 263 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6.10 • Der Rechtsschutz gegen Unionsrecht
geweise erreicht werden. Die EU kann in bestimmten Fällen
auch für die ihr zurechenbaren Handlungen haftbar gemacht
werden, d. h., soweit eine Schadensersatzklage zulässig und
begründet ist, muss sie Schadensersatz in Geld leisten. Diese
Klagemöglichkeit besteht unabhängig von einer parallelen
Nichtigkeitsklage oder Untätigkeitsklage (Schöppenstedt, Slg.
1971, 978).
Art. 268 AEUV verweist auf die Möglichkeit einer solchen
Klage bezüglich der außervertraglichen Haftung.
Art. 268 AEUV – Zuständigkeit
bei Schadensersatzforderungen
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Streitsachen über
den in Artikel 340 Absätze 2 und 3 vorgesehenen Schadensersatz
zuständig.
Art. 340 AEUV – Haftung der EU
[…] (2) Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die
Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung
ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen
Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaa-
ten gemeinsam sind.
(3) […] ersetzt die EZB den durch sie oder ihre Bediensteten in
Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden. […]
- von natürlichen oder juristischen Personen des öffent-
Daraus ergeben sich folgende Klagemöglichkeiten:
lichen oder des Privatrechts, (Mitglied- oder Dritt-)
Staaten oder Organisationen gegen die EU wegen einer
fehlerhaften Amtstätigkeit, die nicht im Bereich eines
völkerrechtlichen Abkommens liegt, d. h. außervertragli-
- von denselben möglichen Klägern/innen gegen die EZB Rechtsschutzbedürfnis
che Haftung (Abs. 2, Art. 268 und Art. 266 II AEUV),
wegen fehlerhafter Amtstätigkeit der EZB oder ihrer
Bediensteten (Abs. 3).
In der Zulässigkeit der Klagen ist das Rechtsschutzbedürf-
nis zu beachten: Der Kläger muss tatsächlich Schadensersatz
begehren. Wenn seine Klage nur ein Vorwand ist, um einen
Unionsrechtsakt aufheben zu lassen, ist die Klage unzulässig.
Aus dem Begriff „außervertragliche Haftung“ ist zu fol-
gern, dass die Schadensersatzforderung auf einem rechts-
widrigen Rechtsakt der Organe der EU beruhen muss. Der
eingetretene Schaden muss der Union zurechenbar sein. Eine
Zurechnung ist möglich, wenn die EU selbst handelt oder eine