Page 264 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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258  Kapitel 6  •  Materielles Recht und Rechtsschutz in der EU


                                  mitgliedstaatliche Behörde Unionsrecht vollziehen muss. Das
                                  ist beispielsweise bei einer verbindlichen Weisung der Fall.
                                  Unter „Amtstätigkeit“ ist jedes Verhalten der Unionsorgane
   2                              oder -bediensteten zu verstehen, welches eine unmittelbare in-
                                  nere Beziehung zu den ihnen auferlegten Aufgaben aufweist.
                                  Schäden die nur „bei Gelegenheit“ der Amtstätigkeit auftreten
                                  (Bsp.: Dienstreise mit einem privaten PKW), werden hiervon
                                  nicht erfasst. Schaden ist jeder immaterielle oder materielle
                                  Vermögensnachteil des Geschädigten (Kampffmeyer, Slg. 1967,
                                  331). Entgangener Gewinn wird auch umfasst.
          Klage gegen VO möglich     Nach Art. 266 i. V. m. Art 340 II AEUV können natürli-
                                  che und juristische Personen auch gegen Verordnungen und
   6                              Richtlinien klagen. Das ist, siehe oben, bei Art. 263 IV AEUV
                                  nicht oder nur eingeschränkt möglich. Das individuelle Betrof-
                                  fensein durch den Sekundärrechtsakt ist bei Art. 340 II AEUV
                                  also nicht Voraussetzung. Bei rechtswidrigen Verordnungen
                                  soll wenigstens der entstandene Schaden wieder gutgemacht
                                  werden.
          Voraussetzungen entsprechen   Allerdings löst nicht jede Rechtsverletzung die Schadenser-
          denen des Staatshaftungsan-  satzverpflichtung aus. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der
          spruchs                 Ermessensspielraum des Unionsgesetzgebers durch drohende
                                  Schadensersatzansprüche zu sehr eingeengt würde und die EU
                                  auf einigen Gebieten überhaupt nicht mehr tätig würde. Die
                                  widerstreitenden Interessen der Rechtmäßigkeit des Handelns
   2                              der Organe auf der einen Seite und deren Gesetzgebungsauf-
                                  gabe auf der anderen müssen demnach miteinander in Ein-
                                  klang gebracht werden. Die Voraussetzungen ähneln insoweit
   2                              der Staatshaftung wegen nicht umgesetzter Richtlinien (▶ Ab-
                                  schn. 5.1.2). Es sind:
                                  -
   2                              -   ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechts-
                                     norm,
                                  -
   2                              -   die bezweckt dem Einzelnen Rechte zu verleihen,
                                      ein Schaden,
   2                                  ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unionsrechts-
                                     verstoß und dem Schaden.

   2                              Rechtsakte der EU müssen gem. Art. 296 II AEUV mit einer
                                  Begründung  versehen  werden. Begründungsmängel geben
                                  einer Klage nach Art. 340 II AEUV aber regelmäßig keine
   2                              Grundlage (Kind, Slg. 1982, 2918).
          Verjährung                 Die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs besei-
   2                              tigt nicht den Anspruch selbst, sondern sie hemmt nur seine
                                  Durchsetzung. Ansprüche nach Art. 340 II AEUV verjäh-
                                  ren fünf Jahre nach dem angeblich schädigenden Ereignis,
   2                              Art. 46 SatzungEuGH. Anders als im dt. Recht prüft der EuGH
                                  das Vorliegen der Verjährungsvoraussetzungen im Rahmen
                                  der Zulässigkeit einer Klage (Holcim, Slg. 2007, I-2980). Wich-
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