Page 265 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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6.10 • Der Rechtsschutz gegen Unionsrecht
tig ist: Wegen des Grundsatzes der Eigenständigkeit der Klagen
wird die Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht durch
die Erhebung anderer Klagen beeinflusst. Deswegen ist die
Erhebung der Schadenersatzklage neben anderen Klagen zu
empfehlen.
6.10.5 Das Vorabentscheidungsverfahren
Das Verfahren nach Art. 267 AEUV ist kein Klageverfahren.
Bei der Vorabentscheidung wird dem EuGH von einem Ge-
richt eines Mitgliedstaates eine möglichst konkrete Rechtsfrage
zur Beantwortung vorgelegt.
Art. 267 AEUV – Vorabentscheidung
Der Gerichtshof […] entscheidet im Weg der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung der Verträge,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der
Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union,
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats
gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum
Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem
Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei
einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen
selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts
angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung
des Gerichtshofs verpflichtet. […]
Für Vorabentscheidungsersuchen mitgliedstaatlicher Gerichte
ist der EuGH zuständig.
Ein Beispiel für eine Vorlagefrage eines Gerichts lässt sich Ein Klassiker: van
gut am Fall van Gend & Loos erkennen. Dort wollte sich eben Gend & Loos
diese niederländische Transportfirma unmittelbar auf Art. 25
E[W]GV (= Art. 30 AEUV) berufen, der neue Zölle und Ab-
gaben gleicher Wirkung verbietet. Das niederländische Gericht
war sich nicht sicher, ob Art. 25 E[W]GV unmittelbar anwend-
bar ist. Es legte dem EuGH folgende Frage vor: „… 1) ob Arti-
kel 25 E[W]G-Vertrag interne Wirkung hat, mit anderen Wor-
ten, ob die Einzelnen aus diesem Artikel unmittelbar Rechte
herleiten können, die vom Richter zu beachten sind, […]“.
Art. 267 AEUV mag dem einen oder anderen unkompli-
ziert wie ein Moped vorkommen. Wenn man das Moped aber
in seine Einzelteile zerlegt, so wird man feststellen, dass es
mindestens so viele Teile wie ein Auto hat. Scheinbar einfach
ist folgender, hier vereinfachter Sachverhalt, der dem EuGH
zur Entscheidung vorlag (Foto-Frost, Slg. 1987, 4199):