Page 22 - Taschenbuch Michel Grassart, Abbè Pierre die Wahrheit...
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hatte oft Angst einzuschlafen, da ich fürchtete, in das
schwarze Loch zu fallen. Hatte es oft erwähnt, den Pfle-
geeltern gegenüber, aber sie sagten nur, es wird schon
gut und jetzt lass uns endlich in Frieden.
Ich erlebte noch, dass meine geliebte Maman noch drei-
mal in Zürich erschien, einmal in einer alten Baracke und
das andere Mal in einem renovierungsbedürftigen Bau-
ernhaus. Ich wollte dann bei meiner Maman bleiben,
aber ich hatte oft auch sehr starken Hunger. Als ich dann
wieder beim Pfarrhaus anklopfte, erpresste mich Frau
Pfarrer und sagte wortwörtlich: Michel, ich lasse dich nur
noch rein, wenn du jetzt dableibst, dann bekommst du
was zu essen. Sonst bleibt die Türe für immer geschlos-
sen. Sehr schweren Herzens willigte ich ein, und wieder
wurde ich von der Maman getrennt. An einem Tag brach-
te uns meine Maman Geld, das sie sich ein ganzes Jahr
vom Munde abgespart hatte, an die hintere Türe. Ich
wollte auftun, aber Frau Pfarrer verbot es mir. So öffnete
sie die Türe einen Spalt und entriss jemandem ein großes
Kuvert mit Geld. Es klopfte noch einige Male, aber man
verbot mir, die Türe zu öffnen. In diesem Moment hatte
ich irgendwie ein wundervolles Gefühl, das ich nicht aus-
sprechen konnte. Heute weiß ich, dass es meine Maman
war, darum diese Verbindung. Später erfuhr ich die Ge-
schichte, die recht theatralisch abgelaufen war, von mei-
ner Maman. Sie hatte sich von Genf aus nach Zürich be-
geben, dann zu Fuß bis zum Pfarrhaus, es waren von der
Stadt an die zehn Kilometer, mit dem jüngsten Halbbru-
der Alexandre auf dem Arm. Als Sie beim Pfarrhaus an-
langte, entriss meine Pflegemutter ihr das Couvert mit
dem Geld und ließ meine Maman mit Kind draußen ste-
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