Page 14 - Michaels_Buch Februar_neu
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aufgeregt riss ich das Papier ab, öffnete das Paket und konnte es nicht glauben. Vor mir lag ein
Fotoapparat und ein komplettes Fotolabor. Es gab einen Vergrößerer, einen Vergrößerungsrahmen,
eine Zeitschaltuhr, vier Kunststoffwannen, zwei Zangen, eine Entwicklungsdose, Entwickler und
Fixierbad. Ich war im siebten Himmel, denn so etwas hatte ich mir schon immer gewünscht. In
einer kleinen zusätzlichen Schachtel lagen ein Film und Fotopapier.
Jetzt konnte ich nicht nur selbst fotografieren, sondern auch Negative entwickeln und dann richtige
Bilder herstellen. Ich fotografierte meine Eltern, die Geschwister, den Weihnachtsbaum und die
Geschenke bis der Film voll war.
Am nächsten Morgen war ich schon ganz früh auf und richtete mein Labor ein. Da mittlerweile
auch meine Schwestern ein eigenes Zimmer brauchten, haben wir das obere Stockwerk nicht mehr
vermietet sondern es selbst genutzt. Ich hatte ein Zimmer zum Hof, das für die vorherigen Mieter
als Essküche diente. Direkt daneben lag die frühere Küche, die ich zum Fotolabor umrüsten wollte.
Die Küche hatte nur ein Fenster mit Rollladen, so dass bei geschlossener Tür kein Licht von
draußen in den Raum drang.
Ich baute alles auf, schloss den Vergrößerer an die Steckdose an, füllte Entwickler und Fixierbad in
zwei Kunststoffwannen und Wasser in die beiden anderen. Dann zog ich eine Leine durch einen Teil
des Raumes, auf die ich die fertigen Bilder zum Trocknen aufhängen wollte. Ich sauste in den
Keller und holte aus Mamas Beutel ein paar Klammern und war nun fertig zum Starten. Das dachte
ich, aber manchmal hat das Schicksal einen Schlag parat, den man nicht erwartet. Der traf mich wie
ein Blitz. Meine Eltern hatten an alles gedacht, aber nicht an eine Dunkelkammerlampe!
Ich war entsetzt, denn es war erster Weihnachtstag, kein Geschäft hatte offen und am zweiten
Weihnachtstag war es auch nicht anders. Zu allem Pech kam dann noch hinzu, dass der 27.12. ein
Sonntag war. Ich musste ganze drei Tage warten, die sich natürlich endlos hinzogen. Am Montag
kauften wir dann die Lampe und es konnte los gehen. Ich entwickelte den Weihnachtsfilm und
werde nie das Gefühl vergessen, als ich die ersten Bilder ins Entwicklerbad legte. Erst war das Bild
nur weiß, dann erschien ganz langsam das Foto, ein unglaublich spannender Moment.
1965 Klavierunterricht mit Micky Maus
Als ich 7 Jahre alt war, hab ich in der Schule den ersten Musikunterricht bekommen. Ich lernte auf
einer Blockflöte kleine Melodien nach Noten zu spielen. Da meine beiden Eltern Lehrer waren,
mussten meine Geschwister und ich natürlich auch Klavierspielen können. Keiner hat uns gefragt,
ob wir dazu Lust hätten, das war genauso eine Pflicht, wie zur Schule zu gehen.
Mein erster Klavierlehrer war Herr Schmalfuss. Er war eigentlich Konzertpianist, hatte es aber nicht
auf die großen Bühnen dieser Welt geschafft und war dadurch ordentlich frustriert. Um seinen
Lebensunterhalt zu finanzieren, unterrichtet er Kinder bei ihnen zu Hause und das ohne großes
pädagogisches Einfühlungsvermögen. Seinen Frust ob dieser unwürdigen Tätigkeit ließ er mit
dämonischer Lust an meinem Bruder und mir aus. Er schlug uns und wenn er besonders schlecht
gelaunt war und ich wieder mal einen falschen Ton gespielt hatte, schlug er mir den Klavierdeckel
auf die Hände. Gott sei Dank bekam er nach einem Jahr ein Engagement in Süddeutschland und wir
waren ihn los.
Nicht los waren wir den Klavierunterricht, denn jetzt mussten wir zu Frau Krüger nach Landstuhl.
Sie kam nicht zu uns nach Hause, sondern unterrichtete in ihrem Privathaus. Frau Krüger war ganz
anders als Herr Schmalfuss. Sie war eine sanftmütige, alleinerziehende Frau, die uns immer gut
behandelte. Das hatte allerdings den Nachteil, dass unser Übungsfleiß sehr nachließ und wir Meister
im Erfinden von Ausreden wurden. Bei Herrn Schmalfuss hatte uns noch die Angst zum fleißigen
Üben gebracht, so dass wir dadurch schnell Fortschritte erzielt hatten. Bei Frau Krüger kamen wir
nur sehr schleppend voran.