Page 21 - Michaels_Buch Februar_neu
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gespannt, was jetzt kommen würde, Sie hatten noch nie eine Beatband, so hieß das damals, live
            spielen gesehen. Wir fingen an und hofften, dass durch die Musik weitere Leute neugierig gemacht
            werden würden - aber Fehlanzeige. Wir spielten eine Stunde und hörten dann frustriert auf.

            Und dann hat es doch geklappt. In einem Nachbarort fand eine Party im Haus der Jugend statt.
            Doris Vater hatte eine Installationsfirma und fuhr uns samt Equipment mit seinem VW-Bus hin. Wir
            luden aus und bauten auf. Langsam füllte sich der Saal, bis fast kein Platz mehr frei war. Das hatten
            wir uns ja so gewünscht, aber nun, als es Realität war, wurde uns ganz mulmig zumute. Wir
            begannen unser erstes Stück zu spielen, keiner tanzte aber alle schauten uns zu. Als wir damit fertig
            waren, klatschten erst ein paar, dann wurden es immer mehr und schließlich applaudierte der ganze
            Saal. Beschwingt von so viel Beifall ging es ans nächste Stück und jetzt füllte sich die Tanzfläche.
            Wir konnten unser Glück kaum fassen. Wir spielten wie im Rausch und mussten, da unser
            Repertoire nicht reichte, einige Titel wiederholen, was aber dem Erfolg keinen Abbruch tat.
            Danach bauten wir ab und warteten auf Doris´ Vater. Franz und Günther unterhielten sich mit zwei
            Jungs, ich saß auf einer Heizung und Doris stand vor mir. Sie rückte immer näher und dann
            passierte es. Wir küssten uns zum ersten Mal. Ich war im siebten Himmel und so wie es aussah,
            ging es ihr genauso. Die Heizung wurde immer heißer und ich verbrannte mir kräftig den Hintern,
            aber in meinem Glückstaumel habe ich es nicht gemerkt. Jetzt hatte ich meine erste Freundin. Das
            Leben konnte nicht schöner sein.

            1969 Ein Flugzeugabsturz

            Von diesem Zeitpunkt an haben Doris und ich fast jeden Tag zusammen verbracht. Sie ging wie ich
            aufs Gymnasium in Landstuhl, zwar ein Klasse unter mir, aber in der Pause waren wir
            unzertrennlich. Ich erinnere mich besonders daran, dass mir Doris jeden Tag ein mit zwei
            Negerküssen belegtes Brötchen mitbrachte.

            Wir übten neue Stücke ein. Ich gab ihr Keyboardunterricht und wir sangen die aktuellen Hits nach.
            Doris Stimme wurde von Tag zu Tag besser. Eines Tages machten wir uns daran „Peace of my
            heart“ von Janis Joplin einzuüben. Doris versuchte, genauso rau zu singen wie das Original und
            erstaunlicherweise klappte das richtig gut. Bisher hatte sie nur mit klarer Stimme gesungen. Jetzt
            stellte sich heraus, dass sie eine richtige Rockröhre hatte. Wir konnten unser Repertoire nun mit
            etlichen Rocksongs erweitern.

            Zu der Zeit war Jethro Tull groß angesagt. Frontmann Ian Anderson spielte Querflöte und machte
            dabei gleichzeitig eine Art Sprechgesang, was es bis dahin noch nicht gegeben hatte. Dadurch klang
            die Querflöte richtig rockig. Ich beschwatzte wieder einmal meine Eltern und bekam eine Querflöte.
            Ich probierte viel aus, aber so richtig warm wurde ich mit dem Instrument nicht. Anders dagegen
            Doris. Sie hatte recht schnell raus, wie man richtig anbläst und schaffte es dann auch, den typischen
            Jethro Tull-Sound durch gleichzeitiges Mitsingen nachzuvollziehen. Wir wollten nun die Querflöte
            in die Songs integrieren, aber dann fehlte uns das Keyboard. Doris konnte zwar singen und
            gleichzeitig die Tasten bedienen, aber Querflöte und dazu Keyboard spielen ging beim besten
            Willen nicht.


            Der Vater von Günther, der bei der Bundeswehr war, wurde nach München versetzt und die ganze
            Familie zog um. Jetzt hatten wir gleich zwei Probleme. Wir brauchten einen Bassisten und einen
            Keyboarder. Ich beschloss, die Band aufzulösen und mit Doris und Franz zusammen eine neue zu
            gründen. Wir wurden dann auch recht schnell fündig und bekamen mit Lothar einen Keyboarder aus
            einem Nachbarort. Sein Bruder Bernd hatte gerade begonnen Bass zu spielen und stieg ebenfalls
            ein. Die neue Band nannten wir „Hush“ und übten aktuelle Songs ein. Durch Doris´ raue Stimme
            und die Querflöte waren wir nun erheblich rockiger geworden, noch dazu weil Lothar nicht nur
            Akkorde drückte, wie das Doris gemacht hatte, sondern richtig gut Keyboards spielen konnte.
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